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Objektführer Zollverein 12

Fördergerüst und Schachthalle
Fördermaschinenhaus-Nord

Fördermaschinenhaus-Süd

Wagenumlauf

Leseband- und Wipperhalle

Bergebunker


W äsche

Kokskohlenturm


Schalt- und Umformergebäude


Elektrowerkstatt

Mechanische Werkstatt 1

Mechanische Werkstatt 3

Kesselhaus
Hochdruck-Kompressorenhaus

Niederdruck-Kompfressorenhaus

Kaminkühler

Aschebunker

Torhäuser

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Objektführer / Essen / Route der Industriekultur / Bergbau / Zeche Zollverein Gesamtanlage

 

Essen_Zeche Zollverein. Die Schachtanlage 12 - Gesamtanlage

Texte und Dokumente
Walter Buschmann: Zeche Zollverein. Die Schachtanlage 12 - Gesamtanlage


 

 

 

lageplan
Lageplan Zollverein 12

Walter Buschmann
Zeche Zollverein 12. Die Gesamtanlage

Die Schachtanlage Zollverein 12 ist eine einheitlich gestaltete bergbauliche Großanlage. Herausragende Gestaltaspekte sind das Achsenkonzept mit den Blickpunkten Fördergerüst und Kesselhaus, eine ausgewogene Baumassenverteilung, die Maßstäblichkeit der Stahlfachwerkfassaden und die kubische Erscheinungsform der Gebäude. Zollverein 12 ist eines der Hauptwerke der Industriearchitektur im 20. Jahrhundert und zählt zu den besten Beispielen des „Neuen Bauens“ in den 1920er Jahren.

totale
Blick auf das Fördergerüst. Foto 2011

Die Gesamtanlage der 1928-32 von Fritz Schupp und Martin Kremmer gestalteten und 1957/58 besonders in technischer Hinsicht umgebauten Zeche wird beherrscht von zwei sich kreuzenden Achsen, in deren Schnittpunkt ein rasenbegrünter Platz liegt. Im Blickpunkt der Hauptachse, die, an der Gelsenkirchener Straße beginnend, zunächst durch die kurze Zufahrtsstraße und zwei gleich große Torhäuschen definiert wird, liegt das 55,0 Meter hohe Fördergerüst. Die zweite Achse, anfangs formuliert durch zwei, eine enge Gasse bildende Werkstattgebäude, zielt auf das Kesselhaus und hatte als Blickpunkt den 106,25 Meter hohen Kamin (nicht erhalten). Der gleichmäßige Aufbau des zentral in der Gesamtanlage angeordneten Doppelstrebengerüstes inspirierte zu einer an Symmetrie und Achsenwirkung orientierten Anordnung der Gebäudekörper. Der Verzicht auf eine radikale Durchsetzung der Prinzipien Symmetrie und Axialität, führt schon bei den Bauten der Eingangszone zu gestalterisch fruchtbringenden Spannungen: die Überhöhung des Umformergebäudes an der linken Seite des zentralen Platzes antwortet auf den rechts an die Schachthalle anschließenden Schenkel des Wagenumlaufs. Durch diesen Teil des Wagenumlaufs, der zunächst im Erdgeschossbereich offen war, 1957 bei Umstellung auf Skipförderung aber unten eine geschlossene Wandscheibe an dieser Platzseite erhielt, wurde und wird das Fördergerüst nur mit der linken Hälfte vollständig sichtbar. In der anderen Achse bringen die beiden unterschiedlich großen Kompressorenhäuser, die als Flügelbauten dem Kesselhaus vorgelagert sind, Auflockerung in die Strenge der Achsenwirkung. Noch stärker spürbar wird die Variation des in der Eingangszone verwendeten Motivs im rückwärtigen Bereich. Kräftige Akzente setzen links vom Fördergerüst Wäsche und Kokskohlenturm. Diese beiden Bauten wirken deutlich in das Bild der Eingangszone hinein und sind im Sinne einer ausgewogenen Baumassengliederung wichtige Ergänzungen zu Schalthaus, Umformergebäude und Schachthalle. Die auf der anderen Seite des Wagenumlaufs durch Wipperhalle/Separation und Bergebunker erfolgte Akzentuierung der Gesamtanlage ist optisch weniger markant.

isometrie

Fassaden
Den ästhetischen Reiz des Baukomplexes macht die gleichmäßige Aufteilung der Fassaden aus, deren Einheitlichkeit durch das Raster des Stahlfachwerks noch gesteigert wird. Alle Gefache haben eine Höhe von 2,0 Metern und zeigen in der Regel extrem längsrechteckige Formate. Nur die Eckfelder und zuweilen die Gefache neben den Fenstern haben hochrechteckige Formate. Abweichend vom Normalfall haben die turmartige Schachthalle und das Kesselhaus vertikale Fensterbänder, wohl um die besondere Situation dieser in den Hauptblickachsen liegenden Bauteile zu unterstreichen. Zum Teil werden zur Belichtung der größeren Hallen für Kompressoren, Umformer, Fördermaschinen und die Lesebänder in der Separation große Fensterflächen in die Fassaden eingefügt. Immer sind die Fenster aber in schlanke hochrechteckige Formate unterteilt, so dass sich aus den unterschiedlichen Formaten der Fenster und Gefache ein spannungsreicher Kontrast entwickelt.

Wenig Rücksicht nimmt die Wahl der überwiegend querrechteckigen Formate für Fenster und Gefache auf die innerhalb der Fassaden wirksamen statischen Kräfte. Bei den minimal bemessenen Profilen des Stahlfachwerks waren die großen Spannweiten zwischen den Stielen, besonders über den Fenstern, nur durch innenliegende Verstärkungen zu bewältigen. Um mit den leichten Stahlprofilen einen graphischen Effekt zur Gliederung der Baumassen zu erzielen, wurden bautechnisch durchaus problematische Lösungen verwirklicht. Die Leichtigkeit der Fassadenkonstruktion ist eine Illusion, die in provozierender Weise - ein Merkmal des Konstruktivismus - die hier nicht eingelösten Möglichkeiten des Materials demonstrieren.

kubik
Kesselhaus, Hochdruckkompressorenhaus(links) und Niederdruckkompressorenhaus(rechts). Foto um 1932

Konstruktion
Ermöglicht wurde die freie Gestaltung der Fassaden durch die generell durchgeführte Trennung von innerer Primärkonstruktion und außen vorgeblendeten, raumabschließenden Fassadenelementen. Die Primärkonstruktion besteht durchgängig aus Zweigelenkrahmen in Vollwandbauweise - eine Konstruktionsart, die auch Horizontalkräfte aus Winddruck aufzunehmen vermochte. Man erreichte dadurch eine Reduktion der queraussteifenden Diagonalstreben oder Andreaskreuze, die das klare Bild der Innenräume verunklärt und bei Anordnung der Fenster gestört hätten. Die allerdings generell dennoch nicht verzichtbaren Queraussteifungen wurden bei den doppelschaligen Wänden mit Flacheisen so in den Wandaufbau integriert, dass sie innen und außen nicht in Erscheinung treten. Bei Bauten mit einschaligem Mauerwerk sind die Andreaskreuze unter den Dachflächen angeordnet, um auch hier den ruhigen Wandaufbau der Innenwände nicht zu stören.

Kubismus
Konsequent aus dem orthogonalen System des Fassadenaufbaus abgeleitet ist die kubische Gestaltung der Gebäudekörper. Die Dächer spielen im Erscheinungsbild der Anlage keine Rolle. Die Stahlfachwerkfassaden werden weit über die tragenden Binder hinweg gezogen und schließen oben mit einem U-Profil ab. Zum kubischen Erscheinungsbild tragen auch die außenbündig in die Fassaden eingesetzten Fenster mit undurchsichtigem Drahtglas und die im Farbton der Ziegelsteine gestrichenen Stahlfachwerkteile bei.

panorama
Foto um 1932

Außenanlagen
Die vor und neben dem Fördergerüst befindlichen Gebäude sind überwiegend eingebunden in ein System von Rasenflächen. Die Einfasssung der Rasenflächen besteht aus hochkant gestellten Ziegeln als Kantensteine. Die Fahrwege sind gepflastert mit Blaubasaltsteinen (Kleinpflaster) und die Gehwege mit Ziegelsteinen belegt. Die Beleuchtung erfolgt mit eigens für die Schachtanlage gefertigten Laternen. Eingelassen in die Pflasterung durchzieht ein Netz von Schmalspurgleisen die Wege der Schachtanlage. Die Gleise reichen vom Schacht bis in die einzelnen Werkstätten und dienten dem Transport der Werkstücke. Nördlich der Lesebandhalle überbrückt eine lange Fußgängerbrücke die ehemals hier aus der Sieberei herausführenden Gleise. Die Brücke ermöglichte den direkten Zugang zur Lesebandhalle, zum Bergebunker und über die Verbindungsbrücke auch zur Schachtanlage 1/2/8.

Bedeutung
Der Zollverein-Komplex in Essen erhält seine überragende Bedeutung durch die Zentralschachtanlage 12. Sie ist in ihrer Gesamtheit eine technisch-architektonische Spitzenleistung der 1920er Jahre und gilt als Hauptwerk der Industriearchitektur des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Wesentliche Bedeutung haben die Umbau- und Ergänzungsbaumaßnahmen aus den 1950er Jahren. Unter Beibehaltung der alten Hüllen wurde dadurch der Schacht 12 dem neuzeitlichen technischen Standard angepasst, ohne dass die Spuren der alten Fördertechnik (Wagenförderung) vollständig verloren gingen.

Totale
Foto 2011

Literatur
Wilhelm Busch, Fritz Schupp, Martin Krem­mer. Bergbauarchitektur (= Arbeitsheft 13 Landeskonservator Rheinland), Köln 1980

Busch, Wilhelm/ Scheer, Thorsten: Symmetrie und Symbol. Die Industriearchitektur von Fritz Schupp und Martin Kremmer, Köln 2002

Buschmann, Walter: Zeche Zollverein (= Rheinische Kunststätten, Heft 319). Köln 1987

Buschmann, Walter: Zeche Zollverein (=Rheinische Kunststätten, Heft 319) 2. völlig überarbeitete Auflage, Köln 2010

Buschmann, Walter: Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau, Berlin 1998

Drebusch, Günter: Industriearchitektur. München 1976

Großmann, Joachim: Wanderungen durch Zollverein. Das Bergwerk und seine industrielle Landschaft, Essen 1999

Engelskirchen, Lutz: Zeche Zollverein Schacht XII. Museumsführer, Essen 2000

Industriebaukunst, in: Das Werk 10, 1930, S. 437-439

Industriebauten der Architekten Schupp & Kremmer Berlin-Essen, in: Baukunst 4, 1980, S. 99-116

Reif, Heinz/ Winter, Michael: Essener Zechen. Zeugnisse der Bergbaugeschichte, Essen 1986

Schupp, Fritz, in: Zentralblatt für Industriebau 20, 1974, S. 321.- 21.

Schupp, Fritz: Schachtanlagen im Ruhrgebiet, in: Bauen und Wohnen 12, 1957, S. 154-156

Schupp, Fritz: Industriebauten im Ruhrgebiet, in: Der Architekt 4, 1951, S. 1-7

Schupp, Fritz: Gestaltungsfragen beim Bau von Turmförderungen, in: Zentralblatt für Industriebau 5, 1959, S. 341-348

Schupp, Fritz: Über das Entwerfen von Industriebauten, in: Baugilde 13, 1931, S. 1502-1509

Schupp, Fritz: Gestaltungsfragen beim Industriebau, in: Zentral­blatt der Bauverwaltung 52, 1932, S. 638-643

Schupp, Fritz: Arbeiten der Architekten Dipl.-Ing. Fritz Schupp und Dipl.-Ing. Martin Kremmer, in: Der Baumeister 41, 1943, S. 25-46

Schupp, Fritz/Kremmer, Martin: Industrie­bauten, Zechen und Kokereien der Vereinigten Stahlwerke AG im Gelsenkir­chener und Hamborner Bezirk, in: Bauwelt 22, 1931, S. 1-16

Schupp, Fritz/Kremmer, Martin: Industriebauten im Ruhrgebiet, in: Monatshefte für Baukunst und Städtebau 19, 1935, S. 81-86

Schupp, Fritz/Kremmer, Martin: Zechenbauten im Ruhrgebiet, in: Bauwelt 16, 1925, S. 1-5

Schupp, Fritz: Architekt gegen oder und Ingenieur, in: Der Industriebau 20, 1929, S. 174-180

Schupp, Fritz/Kremmer, Martin: Industriebauten der Ar­chitekten Schupp und Kremmer, Berlin-Essen, in: Baukunst 6, 1930, S. 99-115

Schupp, Fritz/Kremmer, Martin: Industriebauten im Ruhrbergbau, in: Der Industriebau 21, 1930, S. 93-102

Schupp, Fritz/Kremmer, Martin: Schachtanlage im Rheinisch-Westfälischen Industriegebiet, in: Monatshefte für Baukunst und Städtebau 17, 1933, S. 49-56

Schupp, Fritz/Kremmer, Martin: Die Planarbeit des Architekten im Industriebau, in: Monatshefte für Baukunst und Städtebau 19, 1935, S. 87-92

Vereinigte Stahlwerke(Hg): Die Steinkohlen­bergwerke der VSt. Die Schachtanlage Zollverein in Essen-Katernberg, 2 Bd. o.J., o.O. (Essen 1934)

Vereinigte Stahlwerke(Hg.), Zeche Zollverein 12, Essen 1935

Zoepke: Geschweißte Konstruktionen bei den Übertagebauten einer Groß­schachtanlage, in: Der Bauingenieur 13, 1932, S. 297-302

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