kopf

 
Home
News
Warum Industriekultur?
Veranstaltungen
Vereine, Museen, Archive
Projekte und Themen
Orte und Objekte
Impressum und Kontakt
Links

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

mauerstr_1
Ehem. Wohnsitz van Houtem. Mauerstraße. Foto Skudelny

tor_2
Tor am Karlsgraben. Straßenseite. Foto 2011

tor_3
Tor am Karlsgraben. Parkseite. Foto 2011

 

Objektführer / Aachen / Wollroute

Aachen_Tuchfabrik van Houtem
OKarlsgraben 55 / Lochner Str.

Texte und Dokumente
Karina Angelova / Lorezo Morezi: Tuchfabrik van Houteml, Semesterarbeit RWTH Aachen Lehrgebiet Denkmalpflege, WS 2010/11(gekürzte und für das Internet bearbeitete Fassung)

 

tor
Tor zu Villa und Park van Houtem. Karlsgraben. Foto 2010

Karina Angelova / Lorezo Morez
Die Tuchfabrik van Houtem in Aachen

Geschichte/Baugeschichte
Der holländische Reitergeneral Berghe von Trips ließ sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein Haus mit großen Gartenanlagen, das sogenannte Eysser Haus am Karlsgraben bauen. Nach seinem Tod wurde das Haus im Jahr 1773 von dem Tuchfabrikanten Heinrich van Houtem übernommen. Er ließ das Haus umbauen. Zusätzlich erbaut er auf seinem Grundstück ein Fabrikgebäude. Heinrich van Houtem errichtete auch das große Tor, als Eingang und Abgrenzung seiner Besitzung zum Karlsgraben. Als Architekt wird der Baumeister Joseph Moretti vermutet.

Das Fabrikgebäude befand sich am Johannisbach mit dem der Fabrik vorgelagerten Carlsweiher. Das deutet darauf hin, dass die Fabrik durch Wasserkraft betrieben wurde und zu den Spinnmühlen in Aachen gehörte.

lageplan
Lageplan, um 1860

Der Sohn Ignatz van Houtem übernahm mit 25 Jahren die Fabrik im Jahr 1789 nach dem Tod seines Vaters. Mit 292 Arbeitern zählte sein Betrieb 1810 zu den großen Unternehmern in Aachen. Sein Haus und seine Fabrik wurden sogar von Napoleon im Jahr 1804 besucht. Im Jahr 1846 gehörte Ignatz van Houtem zu den bedeutendsten Fabrikanten in der Aachen. Er starb mit 48 Jahren im Jahr 1812. Nach seinem Tod übernahm seine Frau die Verwaltung der Tuchfabrik.  Am 18. Oktober 1830 hatte sie die Erlaubnis bekommen, in ihrem Fabrikgebäude auf dem Karlsgraben eine Dampfmaschine mit 20 PS zum Betrieb von Walk- und Spülmühlen sowie von Rauh- und Scheermaschinen aufzustellen. Unter der Leitung der Wittwe van Houtem war die Fabrik erfolgreich. Nach ihrem Tod 1839 begann der Untergang der Fabrik. Ihre Erben verkauften Fabrik und Wohnsitz 1857 dem Tuchfabrikanten Johann Friedrich Lochner. Ende der 70er Jahre erfolgten unter dem Sohn - Emil Lochner - gravierende Veränderungen. Der Johannisbach wurde unterirdisch geführt und der Carlsweiher zugeschüttet,  zwei neue Straßen entstanden auf dem Werkgelände(Mauerstraße und Lochnerstraße) und an der Lochnerstraße wurde ein neues, geradezu monumentales Fabrikgebäude errichtet. (vg. Tuchfabrik J. F. Lochner)

Wohnsitz van Houtem / Lochner-Palais
Von dem Barockbau des 18. Jahrhunderts(Arch. Laurentz Mefferedatis) ist nur noch eine zweigeschossige Seitenfassade erhalten mit Blausteinfensterumrahmungen und etwas jüngerem Blausteinportal. Der Ursprungsbau wurde durch van Houtem nach Erwerb 1773 umgestaltet. Auch Johann Friedrich Lochner ließ das Haus nach seinen Vorstellungen verändern. Eine gravierende Veränderung erfolgte durch die Anlage der Mauerstraße, als das Gebäude verkürzt und mit neuer Straßenfassade und entsprechend geänderten Seitenfassaden stark erneuert wurde. 1928 erfolgte der Umbau für das Institut für Gesteinshüttenkunde. Nachdem der Bau im Zweiten Weltkrieg ausbrannte, folgte nach 1945 eine Phase des Wiederaufbaus und der Umgestaltung. Es wird genutzt von einem Institut der Technischen Hochschule. Nur die Ostfassade erinnert in den Bauformen noch an die Fensterausbildungen der Mefferdatis-Zeit.

Tor am Karlsgraben
Der Eingang zur Fabrik und Villa ist am Karlsgraben erhalten. Das korbbogige Tor  wird eingefasst von  zwei Pilasterpaaren. Die Pilaster haben ionischen Kapitelle auf einer hohen Sockelarchitektur und unterstützen ein hohes Gebälk,  auf dem mittig ein Wappen mit Schwert und Kronen angeordnet ist. Der Tor ist grau gestrichen.  Von der Innenseite ist das Tor komplett anders. Das korbbogige Tor wird hier nur auf einer Seite begleitet von einer Halbsäule  und bekrönt von einem Tympanon mit einem halbkreisförmigem Fenster im Giebelfeld. Die Tor ist hier in gelb- und grau-Fartönen gestrichen.

Neben dem Tor befindet sich die damalige Kutscherwohnung als zweigeschossiger, dreiachsiger Putzbau mit Satteldach. Im unteren Geschoss befindet sich heute ein ungeteilter Raum. Zwei getrennte Treppenhäuser führen in das Obergeschoss mit drei Zimmern.

Die Gebäudeanlage war lange Zeit nicht genutzt und befand sich in einem starken Verfallszustand. Im Jahr 2006 wurde von der Stiftung Neuman & Esser eine Restaurierung finanziert und erfolgreich durchgeführt.

Würdigung
Tor und Grundstück sind nicht nur für die Industrie-, sondern auch für die Architekturgeschichte von hoher Bedeutung. Industriegeschichtlich ist es ein Beispiel für das Zusammenspiel einer Fabrikantenvilla mit englischem Garten und einer Tuchfabrik auf einem Grundstück.

Leider ist von der Gesamtanlage nur wenig Substanz überliefert. Die historische Struktur jedoch ist noch ablesbar, obwohl die vom Herrenhaus erhaltene Bausubstanz nur zurückhaltend wiederhergestellt wurde. Die umliegende Bebauung berücksichtigt die Bedeutung des Herrenhauses. Die im Hinterhof liegende Parkplätze sind jedoch Störfaktoren im Hinblick auf den großen und schönen Garten, der sich hinter dem Haus befand. Eine Rekonstruktion von Park und Villa könnte sinnvoll sein, um die geschichtliche Bedeutung der Anlage wieder sichtbar zu machen.

Literatur
Koppen, Bodo von: Alt-Aachener Gärten, Aachen 1987

Kraus, Thomas R.: Auf dem Weg in die Moderne. Aachen in der französischen Zeit 1792/93, 1794-1814, Aachen 1994

all Copyrights reserved / Alle Rechte der Texte und Bilder dieser Homepage
verbleiben beim Verfasser bzw. Hersteller:
©Rheinische Industriekultur e.V. 2004-2006