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drehbruecke_94
Hydraulische Hebeeinrichtung. Foto 1994

Objektführer / Köln

Köln_Deutzer Hafen
Poller Kirchweg/Alfred-Schütte-Allee

Texte und Dokumente
Walter Buschmann: Deutzer Hafen
Alexander Kierdorf: Drehbrücke im Deutzer Hafen

Links
Fotos: Rheinisches Bildarchiv (www.rheinisches-bildarchiv.de)

Christian Deppe: Keine Weichenstellung für Deutzer Hafen, in Kölnische Rundschau vom 19. 9. 2007
Christian Deppe: Streit über Zukunft des Hafens, in: Kölnische Rundsschau vom 9. 7. 2008

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Blick auf Köln über den Schnellert, Wilhelm Scheiner 1885.Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln (rba_160 199)

Walter Buschmann
Deutzer Hafen

Ähnlich wie in Mülheim durfte auch in Deutz jahrhundertelang in Konkurrenz zu Köln kein Hafen entstehen. Dennoch war das Deutz-Poller Ufer von höchster Bedeutung für Köln: da eine Stromverlagerung den Kölner Hafen bedroht hätte, wurde das gegenüberliegende Ufer 1577-83 mit großen Buhnen aus Basaltblöcken und Pfahlwerk verstärkt. Urkundlich erstmals erwähnt waren Uferverstärkungen in Poll schon 1400. Die „Poller Köpfe“ wurden mit dem Bau des Deutzer Hafens beseitigt.

Im 19. Jahrhundert verhinderte auch die Zugehörigkeit des potentiellen Hafengebiets zur preußischen Festung den Hafenbau. Wilhelm Scheiner stellte 1884 die Situation oberhalb der Deutzer Schiffsbrücke als unbefestigtes Ufer dar. Zu sehen ist auf dem Bild aber auch eine Aufszugsanlage für Schiffe und Baggerarbeiten.

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Wilhelm Scheiner, Aquarell. Blick auf den Schnellert 1884. Foto: © Rheinissches Bildarchiv (rba_159 501)

Mit der Eingemeindung von Deutz und Poll nach Köln 1888 entstanden die ortspolitischen Voraussetzungen zum Hafenbau. Unter Nutzung einer Landzunge mit natürlichem Hafenbecken, dem „Schnellert“ wurde der Bassinhafen geplant und die dafür notwendigen Grundstücke auf der Grundlage einer Kabinettsordre enteignet. Diese Enteignung von etwa 1100 Parzellen dauerte bis 1898. Erste Abgrabungs- und Baggerarbeiten gab es schon 1895. Aber der eigentliche Baubeginn des Hafenbeckens begann erst 1904 und war 1907 abgeschlossen.

Der Deutzer Bassinhafen gesteht aus zwei Hafenbecken: vor und hinter der Drehbrücke. Insgesamt ist die Anlage 1098m lang mit einer Breite von 88m ab Beckenkopf und 70m an der Hafeneinfahrt. In den 1920er Jahren gab es 4 elektrische und 3 dampfbetriebene Krane. Eine Hafenbahn mit Anschluß an den Sammelbahnhof Poll und den Übergabebahnhof Vingst verbindet den Hafen mit dem überörtlichen Eisenbahnnetz.

Das interessanteste Hafenbauwerk ist die 1906-08 erbaute elektrisch betriebene Drehbrücke, die ähnlich wie die nur wenige Jahre zuvor erstellte Drehbrücke im Rheinauhafen hydraulisch aus der Ruheposition gehoben und dann durch Elektromotor gedreht wird. Die Details der Brücke sind im geometrischen Jugendstil gestaltet.

Wichtigste Anlieger am neuen Hafen wurden die Mühlenbetriebe Ferd. Leysieffer&Lietmann und Heinrich Auer. Nach Kriegszerstörungen entstanden die Gebäude nach 1945 in neuen Formen. Sonst war der Hafen durch Umschlag- und Lagerflächen gekennzeichnet.

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Heinrich Auer Mühlenwerke, Foto um 1924

Der Deutzer Hafen ist noch immer ein erfolgreicher Industriehafen mit einem Umschlag von 502.000t(2006). Die Flächen werden genutzt durch die Ellmühle(Aurora-Mehl), Fa. Omya(Schmierstoffe für Papier), Neska Schiffahrtsspedition, Deutsche Asphaltmischwerke, Strabag, Carl J. Weiler/Eisen&Stahl, Schrotthandel Theo Steil, Holzhandel Thies.

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Drehbrücke Deutzer Hafen. Foto 1994

Alexander Kierdorf
Drehbrücke im Deutzer Hafen

Drehbrücken gehören zur Kategorie der „Beweglichen Brücken“, zusammen mit Klappbrücken und Hubbrücken. Ihnen ist gemeinsam, dass sie die unbegrenzte Höhe einer Durchfahrt durch temporäre Entfernung des Übergangs herstellen. Alternativen sind (sehr teure) Tunnel oder sehr hohe Übergänge, verbunden mit den dazu notwendigen langen oder steilen Auf- und Abgängen (siehe die Brücken am Mülheimer und Niehler Hafen). Als Mitte des 19. Jahrhunderts die erste neuzeitliche Rheinbrücke konzipiert wurde, bestand die Rheinschifffahrt auf einer beweglichen Öffnung, wie sie mit den damals zur Verfügung stehenden technischen Mitteln nicht realisierbar war. Trotzdem entstanden mehrere Entwürfe für solche Brücken in Köln. Gebaut wurde ein solcher Brückentyp erst 1894 mit der Towerbrücke in London. Als schließlich die im Herbst 1859, genau vor 150 Jahren, fertig gestellte Dombrücke als Gitterkastenbrücke entstand, löste man das Problem, indem mit hohen staatlichen Mitteln die Masten aller Rheinschiffe zum Umklappen eingerichtet wurden.

Einfache, handbetriebene Drehbrücken gab es wohl bereits im 17. und 18. Jahrhundert. Im von Kanälen durchzogenen Papenburg haben sich solche einfachen hölzernen Drehbrücken erhalten. Auch eiserne Drehbrücken sind wohl um 1850 schon vereinzelt gebaut worden. Die fast gleichzeitig mit der Kölner Rheinbrücke 1860 errichtete Eisenbahnbrücke zwischen Kehl und dem damals (noch) französischen Elsaß besaß aus verteidigungstechnischen  Gründen an einem Ende eine Drehbrücke, die tatsächlich auch im Deutsch-französischen Krieg 1870/71 gesprengt wurde. Auch der Kölner Rheinauhafen in seiner ersten Fassung besaß neben dem damals entstandenen Malakoffturm eine Drehbrücke (um 1860) über die allerdings wenig bekannt ist.

Drehbrücken entwickelten sich vor allem im Kanal- und Hafenbau. So war die 1877 errichtete Drehbrücke des Mainzer Winterhafens bis zu ihrem Neubau 2009 wegen „Sprödbruchgefahr“, also Materialermüdung, erhalten; auch beim Ausbau des Duisburg-Ruhrorter Hafens kamen Drehbrücken zum Einsatz.

Entscheidend für die technische Entwicklung der Drehbrücken ist die Gestaltung des Drehpunktes. Hier entwickelte man unter Mitwirkung von Johann Wilhelm Schwedler – er war nach dem Gewinn des Wettbewerbs für die Kölner Dombrücke in Berlin zum führenden deutschen Brücken- und Stahlbauingenieur aufgestiegen – den sogenannten „Königstuhl“, eine mechanische Konstruktion, mit deren Hilfe die Brücke leicht angehoben und dann mechanisch gedreht wird. Keine Rolle spielen die Auflager.

Führend im Bau derartiger Drehbrücken war die „AG für Eisenindustrie und Brückenbau vorm. J. C. Harkort“ in Duisburg (bekannt als „Gesellschaft Harkort“), eines der ältesten, größten und wichtigsten deutschen Brückenbauunternehmen, das eine Vielzahl solcher Anlagen im In- und Ausland erstellte. Wie in anderen Fällen (Schiffshebewerk Henrichenburg) arbeitete sie für die Mechanik mit der Düsseldorfer Firma Haniel & Lueg zusammen. Sie bauten auch die beiden Kölner Drehbrücken, die im Abstand von fast einem Jahrzehnt entstanden. Beides sind ungleichschenkelige, ausbalancierte Brücken, die – ähnlich wie das „Blaue Wunder“ in Dresden – konstruktiv eine Mischung zwischen Fachwerkträger und versteifter Hängebrücke darstellen.

Die Drehbrücke des Deutzer Hafens wurde 1907 fertig gestellt und Ende März 1908 eingeweiht. Während die linksrheinische Drehbrücke aber nur „addierten“ schmiedeeisernen Dekor besitzt (besaß?), ist die Deutzer Drehbrücke im Sinne des Jugendstil durchgängig gestaltet; dabei sind das – hier einzig vorhandene- Steuerhaus über der Brückenmitte, die Geländer und Brückenköpfe mit einbezogen. Die Deutzer Drehbrücke ist etwas größer als ihr linksrheinisches Pendant und besitzt einen rein elektrischen Antrieb; die Steuerung liegt in einem Aufbau über der Brückenmitte.
Neben der Erschließung des westlichen Teils des als weiträumiger Industriehafen konzipierten Hafens dient die Deutzer Drehbrücke als Zufahrt zu den Poller Wiesen, die traditionell beliebte Ausflugsziele der Kölner Bevölkerung waren und sind.

1994
Foto 1994

Kurz vor ihrem hundertsten Geburtstag, im Februar 2008, wurde ein Träger unter der Fahrbahn von einem Schiff gerammt und stark verbogen; vierzehn Monate vergingen bis zu seiner Reparatur, die nach Auflage der Denkmalpflege in „Nietoptik“ statt geschweißt zu erfolgen hatte. Bei großer Hitze kann sich der Brückenträger so weit ausdehnen, dass sie nicht mehr geöffnet bzw. geschlossen werden kann – sie „klemmt“ gewissermaßen zwischen den Brückenköpfen fest, wenn sie nicht zum Schutz der Auflager zur Seite gedreht wird.

Seit der zwangsweisen Schließung für den Fahrzeugverkehr nach dem Unfall bemüht sich die Bezirksvertretung Innenstadt um eine dauerhafte Sperrung, die jedoch von den betroffenen Porzer Anliegern abgelehnt wird. 

Während die Kölner Drehbrücken als Denkmale eingetragen, funktionsfähig und nicht abbruchgefährdet sind, wird ein anderes Prunkstück ihrer Gattung, die gleichschenkelige Straßen- und Eisenbahnbrücke mit Mittelpfeiler und zwei Schiffsdurchfahrten im Krefelder Rheinhafen, immer wieder in Frage gestellt: Durchfahrtsbreiten wie Traglast werden als unzureichend empfunden. Vor allem wegen der hohen Sanierungs- und Unterhaltskosten werden etwa in Hamburg noch immer historische Drehbrücken abgebrochen.

Weitere bedeutende historische Drehbrücken befinden sich neben dem erwähnten Mainzer Beispiel in Wilhelmshaven („Kaiser-Wilhelm-Brücke“ mit zwei symmetrischen Drehbrücken, Spannweite 159 m, von 1909), in Bremerhafen sowie in Lübeck. Auch in Großbritannien, etwa am „Liverpool Ship Canal“, in Belgien (Brügge), Frankreich und in Amerika gibt es bedeutende Drehbrücken.

Literatur
Stadt Köln (Hg.): Neue Werft- und Hafen-Anlagen zu Köln: Festschrift zum 14. Mai 1898, Köln (Th. Fuhrmann) 1898 (Reprint in Vorbereitung)

Wilhelm Dietz:Bewegliche Brücken, Handbuch d. Ingenieurwissenschaften, Bd. 2, Der Brückenbau, Abt. 4, Leipzig (Engelmann) 1907

Claudia Kroth: Der Rheinauhafen Köln: eine Chronik in Bildern, Köln (Bachem) 2001

Sven Bardua: „Riesige Träger mit „leichter Hand“ bewegt. Drehbrücken in Europa – ein Überblick“, in: industrie-kultur, 4/2008, S. 31-33

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