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sauerstoffanlage
Sauerstoffanlage. Gebäude 53 nach Umnutzung für Büros. Foto 2008

 

Objektführer / Köln / Maschinenfabrik Humboldt_Lageplan / Köln_top11

Köln_Maschinenfabrik Humboldt
Klöckner-Humboldt-Deutz(Werk Kalk)


Texte und Dokumente
Benedikt Weyermann: Kalk und das Werk Humboldt Semesterarbeiten an der RWTH Aachen, Lehrgebiet Denkmalpflege 2006

schaubild1898 Schaubild 1898

Benedikt Weyermann
Kalk und das Werk Humboldt

Entwicklung von Kalk
Das heute von Eisenbahndämmen umschlossene Kalk fand seinen Ursprung in einer Ansiedlung von Höfen, die bereits 1031 nachweisbar sind.

Die Initialzündung für eine rasantes Wachstum war die Ansiedlung von mehreren chemischen und metallverarbeitenden Fabriken in der zweiten Hälfte der 50er und der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts: Die standortbildenden Faktoren waren zum einen die Nähe zu Köln und der Rhein als Transportweg für Massengüter. Jedoch musste das mit Bauverbot belegte Schussfeld, der Rayon, um das befestigte Deutz, dessen Ausdehnung damit auch behindert wurde, frei gehalten werden. Folglich wählten die Unternehmen den Standort südlich und westlich vom Siedlungsursprung Kalks. Für die Firmen, die im Zusammenhang mit dem Bergbau produzierten, war auch die zentrale Lage zu den unterschiedlichen Gruben im Bergischen Land, Siegerland und Ruhrgebiet von entscheidender Bedeutung. Wegweisend waren die Vorgängerfirma der KHD-AG und die Chemische Fabrik Kalk.

In der Folgezeit entwickelten sich die Fabriken flächenmäßig sehr stark und prägten mit den gründerzeitlichen Backsteinbauten das Stadtbild. Die Ansiedlung von Arbeitern erfolgte in Anlehnung an die alten Flurwege und führten zu einem schnellen Wachstum der Stadt. Diese Anlehnung an die alten Flurwege erklärt auch den unregelmäßigen Stadtgrundriss, der recht ungewöhnlich ist für jene Zeit. Die dominierende Achse ist dabei die Kalker Hauptstrasse, die früher eine Fernverbindungsstrasse war.

Zwischen dem schon bestehenden Wegenetz wurden nur selten noch weitere Straßen angelegt, was die verhältnismäßig großen Baublöcke bedingte. Die Errichtung neuer Gebäude beschränkte sich zunächst nur auf die Kalker Hauptstraße. Erst in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts setzte eine flächenmäßige Bebauung ein.

Die Maschinenbauanstalt Humboldt beanspruchte soviel Platz im Stadtgebiet, dass ein 1882 erstellter Bebauungsplan nicht wie geplant umgesetzt werden konnte. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts errichtete die Maschinenbauanstalt Humboldt im Süden von Kalk die Humboldtkolonie.

lage1916
Lageplan 1916. Nördlich des Humboldt-Geländes ist ein Fragment des Bebauungsplanes von 1882 erkennbar: der Wediggen-Platz. Dieser Plan zeigt auch, dass diese Flächen a, b, c, d von der Maschinenfabrik Humboldt bis 1916 angekauft wurden.

Nach einem Stillstand der Entwicklung im ersten Weltkrieg erfolgte eine Zerstörung der Bausubstanz zu 90% im zweiten Weltkrieg. Mit dem Wachstum Kalks war die Stadt auch nicht mehr nur von der Industrie geprägt. Neben den lndustriearbeitern siedelten sich auch andere Schichten an. Als sichtbarer Ausdruck der Bemühungen der Stadt ein weiteres wirtschaftliches Standbein zu etablieren, ist die Funktion als Garnisonsstandort.

Politisch entwickelte sich das wachsende Kalk zunächst zu einem Teil der Landesmeisterei Deutz (1856), bis es dann 1867 eine eigenständige Landesmeisterei wurde und 1877 gar das Stadtrecht erhielt. Dies verlor Kalk jedoch wieder 1910 durch die Eingemeindung in das Kölner Stadtgebiet.

Die Entwicklung der Firma Klöckner-Humboldt-Deutz in Kalk
Am 01.01.1857 wird die von Johann Martin Gottfried Neuerburg, Wimmer Breuer und Hermann Dietrich Sievers gegründete "Maschinenfabrik für Bergbau von Sievers und Co" ins Handelsregister eingetragen. Das Ziel der Firma war es, einen Bergwerksmaschinenbau aufzubauen, um den noch wenig maschinell betriebenen Bergbau zu rationalisieren. Breuer brachte in die Firma ein Werkstattgrundstück mit ein, welches südlich der Kalker Höfe lag und als Keimzelle des späteren Fabrikkomplexes gesehen werden kann. Die ersten Fabrikgebäude waren noch einfache Holzschuppen und Fachwerkbauten, die durch immer weitere Anbauten, Ergänzungen, Um- und Neubauten zu einem großflächigen Fabrikareal wurde, das sich von der Kalker Hauptstrasse im Norden bis zu dem Gleiskörper im Süden, von der Rolshover Strasse im Westen bis zu Kapellenstrasse im Osten erstreckte.

Schnell entwickelten sich die Geschäfte gut. Es wurden Dampfmaschinen gebaut und das Produktangebot vergrößert. 1871 wurde das Unternehmen in die Aktiengesellschaft Humboldt umgewandelt. In diesem Zusammenhang konnte die Firma um das Dreifache vergrößert werden.

Der Name wurde, wie es in der Zeit üblich war, nach einer Persönlichkeit gewählt, so wie es auch bei Zechen der Brauch war. Die Namensgebung geht auf Alexander von Humboldt zurück, dessen Name das Arbeitsgebiet und die Bedeutung für die Firma betonen soll, aber auch eine Ehrerbietung dem großen Berggelehrten und Naturforscher der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sein soll. 1872 wurden die Werkstätten erheblich erweitert, so dass sich 1873/74 auf einer Werksfläche von 6000qm, 62 Kessel, 39 Dampfmaschinen und 450 Werkzeugmaschinen befanden. Es waren 2000 Arbeiter angestellt. Es wurden weitere Gesellschaften gegründet, doch als die eingeplante Konjunkturentwicklung aus blieb, kam es zur Krise. Zur Sanierung wurde die Beschäftigtenzahl halbiert und Grundbesitz verkauft. 1876 wurde Eugen Langen mit dem Vorsitz im Aufsichtsrat beauftragt. Im Zuge der von Eugen Langen in Angriff genommenen Sanierung wurde das Unternehmen 1884 in die "Maschinenbauanstalt Humboldt AG" umbenannt. Um wirtschaftlich stabiler zu werden wurde die Produktpalette erweitert, und die neu aufgenommene Sparte des Lokomotivenbaus wurde zu einem wesentlichen Bestandteil der Betriebsstruktur.

Um die Jahrhundertwende brach die Blütezeit der Firma an. Zu dieser Zeit war die Maschinenbauanstalt Humboldt nicht nur für den Kölner Wirtschaftsraum von enormer Wichtigkeit, sondern spielte auch auf dem Weltmarkt eine entscheidende Rolle und dies nicht nur für den Bergbau, sondern mit einer weit gefächerten Produktionspalette. Mit diesen Fabrikationsaufgaben war schließlich eine Belegschaft von rund 5000 Mann beschäftigt, das Werksgelände umfasste eine Fläche von nahezu 200 Morgen. Wo auf der Welt Bergbau betrieben wurde, wo Erze und Mineralien aufbereitet wurden, standen Humboldt-Anlagen: in Südamerika Metallhütten, im Ural Goldwäschen, große Aufbereitungsanlagen waren nach Belgien und Frankreich geliefert worden. Deutsche Kriegsschiffe besaßen Humboldt-Kälteanlagen, Transportanlagen und Kräne standen in den Häfen. Fast hundert Vertretungen arbeiteten von Skandinavien bis Australien für den Absatz.

Die Weltwirtschaftskrise nach dem ersten Weltkrieg wurde zwar ohne Produktionsstopp überstanden, jedoch waren die Kriegsfolgen äußerst bedrohlich für das Überleben der Firma. Im November 1915 übernahm Peter Klöckner den Vorsitz des Aufsichtsrats, dessen Konzept zur Firmensanierung zwei Strategien enthielt. So sollte auf der einen Seite das Produktionsprogramm auf das ursprüngliche Arbeitsgebiet reduziert werden und auf der anderen Seite sollte das Werk an ein gesundes Unternehmen mit Ergänzung der Fertigungskapazitäten angelehnt werden. 1930 wurde die Fusion mit der Motorenfabrik Deutz AG vollzogen und die daraus entstehende Humboldt-Deutzmotoren AG wurde dann nur acht Jahre später zur Klöckner-Humboldt-Deutz AG.

halle kalk
"Halle Kalk". Spielstätte der Kölner Bühnen

Die heutige Situation
Nur noch ein kleiner Teil des ehemaligen Firrnengeländes an der Dillenburger Straße ist in Besitz und in Nutzung der KHD Humboldt Wedag AG. Unter Denkmalschutz steht nur die "Halle Kalk" an der Neuerburgstrasse. Das Industriegebiet tritt heute gar nicht mehr bis an die Kalker Hauptstrasse heran. Hier sind heute Wohngebäude und Schulen angesiedelt. Die Hauptstrasse hat sich schon vor dem Zweiten Weltkrieg in eine Einkaufsstrasse gewandelt. Im Bereich der Rolshover Strasse entstand mit dem "Kalk Karree" ein großer Verwaltungskomplex der Stadt Köln mit weiteren Büroflächen. Südlich der Dillenburger Strasse ist die kompakte und strenge Bebauung nicht wieder zu erkennen, auch wenn dieser Bereich weiter gewerblich genutzt wird und einige Hallen noch aus ehemaligem KHD-Bestand herrühren. Es wurden zum Teil andere Industriebetriebe angesiedelt, im vorderen Bereich der Dillenburgerstrasse sind aber auch großflächige Brachen zu finden. Der "Technikhof Kalk" in der ehemaligen KHD-Schlepperfabrik zeigt eine Möglichkeit die großformatigen Hallen mit einer kleinteiligeren Nutzung zu bespielen. Zudem erhält diese Nutzung etwas von einer produzierenden Atmosphäre. In Nachbarschaft zu den Schulen gibt es die aus einem KHD-Komplex entwickelte "Abenteuer Halle", mit Angeboten zur Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendlichen. Dies ist eines von mehreren Beispielen auf diesem Gelände, in denen historische Industriebauten auch ohne Denkmalschutz erhalten und umgenutzt wurden.

technikhof
"Technikhof Kalk" im ehemaligen Schlepperbau. Eine Möglichkeit zur gewerblichen Nutzung ehemaliger Hallen der Großindustrie. Foto 2008

Es zeigt sich, dass dieses umfangreiche Firmengelände in seiner Gesamtheit nur schwer umzunutzen ist und viel der einstigen Qualitäten verloren geht, sowohl, was Atmosphäre und Substanz betrifft. Es setzt sich die Logik des Geländes und der industriellen Nutzung fort, die gerade von der KHD sehr rigoros betrieben wurde, ein stetes Anpassen an die neuen Bedürfnisse, welches auch großflächige Umstrukturierungen und Abriss bedingte. Dennoch stellen die verloren gegangenen Gebäude einen herben Verlust dar. Gerade wenn man bedenkt welche Bedeutung die Industrialisierung für Kalk und welche Bedeutung der Standorte wie Kalk für Köln und Deutschland hatten.

Die Maschinenbauanstalt Humboldt AG war mit den von ihr entwickelten Konstruktionen und Verfahren vorbildlich für den Bergbau in Deutschland und Europa. Aus der Bedeutung dieses Unternehmens heraus stellt sich die Frage für die Denkmalpflege, ob es reicht eine einzelne Halle unter Denkmalschutz zu stellen oder ob dieses gesamte Firmenareal als Ensemble eingestuft werden sollte und in einem städtebaulichen Maßstab unter Denkmal gestellt werden müsste. Dies müsste nach dem Denkmalschutzgesetz im Falle eines bestehenden öffentlichen Interesses der Fall sein. Mehrere Aspekte sprechen dafür. Die städtebauliche Dimension ist eine entscheidende Eigenschaft des ehemaligen KHD-Geländes, ein Ensembleschutz wäre begrüßenswert.. Die Tatsache, das Gebäude erhalten blieben, die nicht unter Denkmalschutz gestellt wurden zeigt ein starkes öffentliches Interesse an dem Erhalt der historischen Bauten und eine Identifikation mit dem Ort und seiner Historie, welches die These unterstützt, das hier der erbrachten Denkmalschutzes nicht ausreichend ist und dass dieser nicht der Bedeutung des Bestandes gerecht wird.

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