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Hofbereich

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Historische Aufnahme der Frischöfen

Planzeichnung zur Rekonstruktion der Frischöfen

 
Objektführer / Stolberg

Stolberg_Der Plattenhammer

Dokumente und Texte
Linda Erstling: Der Plattenhammer in Stolberg. Semesterarbeit RWTH Aachen 2006


Die Frischöfen des Plattenhammers Stolberg-Vicht

 

Linda Erstling

Der Plattenhammer in Stolberg

Der Plattenhammer wurde 1664 in Stolberg im Vichtbachtal an der rechten Seite der Vicht erbaut. Stolberg und besonders das Vichttal bot aufgrund verschiedener Faktoren gute Standortqualitäten, sodass dort zu jener Zeit eine Vielzahl von Hütten- und Hammerwerken in Betrieb waren. Ende des 17. Jh. zählte Stolberg sogar zu den weltweit führenden Gebieten in der Messingherstellung. Die vorhandenen Bodenschätze wie z.B. Galmei- und Eisenerze, die nahe liegenden Buchen- und Eichenwälder, die zur Herstellung von Holzkohle dienten und die vorhandene Wasserkraft der zahlreichen Bäche zählten zu den wichtigsten Standortqualitäten.

Ein wichtiger Vorteil Stolbergs gegenüber Aachen war, dass es in Stolberg keine einengenden Bestimmungen der Zunft gab, die dem technischen Fortschritt, der Produktionserweiterung und der Senkung der Herstellungskosten im Wege standen.

Die Gründung
Der Plattenhammer wurde 1664 von Katharina Pryhm zur Existenzsicherung ihrer Söhne erbaut. Sie war zu jener Zeit Besitzerin des Junkershammers, der sich etwa 800 m entfernt vom Plattenhammer befindet und zu den größten und wichtigsten Hammerwerken der Umgebung zählte.

Aufgrund von Streitigkeiten mit den Besitzern des benachbarten Klapperhammers – Grund war die gemeinsame Wassernutzung, konnte der Plattenhammer erst 1667 in Betrieb genommen werden.

Auf dem Plattenhammer wurde zunächst das auf dem Junkerhammer geschmolzene und gefrischte Luppeneisen zu Platten (Schwarzblech) geschmiedet. Auf diese Nutzung ist auch der Name „Plattenhammer“ zurückzuführen.

Die Hofanlage des Plattenhammers bestand aus einer Schmiede, zwei Frischöfen, zwei Scheunen  und zwei Wohngebäuden. Eine eigene Schmelzhütte besaß der Plattenhammer nicht, sodass sich Plattenhammer und Junkershammer (beide Hammerwerke waren im Besitz der Familie Hoesch) den Reckhammer (Eisenschmelzhütte und Eisenschneidmühle) des Junkershammer teilen mussten. 1680 kam es zu einer Aufteilung des Besitzes, der Plattenhammer ging mit einem 1/3 Anteil des Junkershammers (dies sicherte die Mitnutzung des Schmelzofens) in den Besitz Wilhelm Hoeschs über.  

 1724 wurde von den Brüdern Leonard und Philipp Hoesch der Neuenhammer als Erweiterung des Plattenhammers erbaut.

1840 wurde der Plattenhammer als Betriebsstätte stillgelegt.

Bauliche Struktur
Bei dem Plattenhammer handelt es sich um eine Hofstelle mit Wohn-, Produktions- und Lagergebäuden und zwei Frischöfen. Der Plattenhammer besaß zwei Wasserräder, eines zum  Antreiben des Hammers und ein Zweites, das das Gebläse für die Frischöfen betrieb.

Erreicht wird der Platenhammer über eine hölzerne Brücke, die die Vicht überquert. Aufgrund des massiven Bruchsteinmauerwerks der Fassade des Wohngebäudes und der Scheune  wirkt das ehemalige Hammerwerk von der Straße wie eine Festung, abweisend und verschlossen.

Vom Innenhof aus sind alle Gebäude leicht zu erschließen. Südlich des ehemaligen Tores befinden sich die Wohngebäude die sich gegenüberstehen. Nördlich des Tores befindet sich heute noch eine damals als Lagergebäude genutzte Scheune. Eine zweite Scheune die sich L-förmig an die noch bestehende anschloss wurde 1964 abgebrochen. Westlich der Wohngebäude war die Schmiede mit den beiden Frischöfen angeschlossen.


Gebäudeanordnung von Platten- und Neuenhammer

Materialität
Bei der Beschreibung der Gebäude werde ich die Garage die im Jahre 1974 erbaut werde heraus lassen und im späteren Teil separat behandeln.

 Der Plattenhammer wurde fast ausschließlich aus dem Vichttaler Eisenstein erbaut.  Beim Vichttaler Eisenstein handelt es sich um einen sandigen Tonstein mit feinstverteiltem Limonit Gehalt ( „braunes, bis schwarzes, bisweilen buntangelaufenes schwach glasglänzendes oder mattes Material.“).

Trotz seines geringen Eisengehaltes bildete der Vichttaler Eisenstein die Erzbasis für die Vichttaler Eisenhüttenindustrie.  Aufgrund seines geringen Eisengehaltes wurde seine Verhüttung im 19. Jh. unrentabel und ging stark zurück.

Als Baumaterial dominiert er im Bereich seines Vorkommens stark das Erscheinungsbild der  alten bruchsteingemauerten Ortskerne, wie zum Beispiel in Zweifall.

 Die Gebäude des Plattenhammers sind bruchsteingemauert und mit Wulstfuge und flacher Ausfugung verbunden. Die Hofseite der Scheune gilt hier als Ausnahme, diese ist als Fachwerkfassade ausgeführt. Dies ist auf die zu jener Zeit typische Bauweise zurückzuführen, die Aussenfassade repräsentativ zu gestalten und für die innenliegenden oder zurückliegenden Bauteile die günstigere Variante des Fachwerks zu wählen.

Die Dächer der ursprünglichen Gebäude sind als Satteldächer ausgeführt.

Gebäude
Die Wohngebäude sind sowohl Vicht- als auch Hofseitig bruchsteingemauert.

Bei den Fenstern der Wohngebäude handelt es sich um Kreuzstockfenster mit aufwendig gearbeiteten Blausteinrahmungen. Nahezu alle Fenster waren vergittert, einige der Gitter sind im Zuge der Umnutzung entfernt worden.

Die Fenster Vichtseitig sind in den letzten Jahren ausgetauscht worden gegen weiße Kunststofffenster mit einer vertikalen Unterteilung und Oberlicht. Ursprünglich handelte es sich bei diesen Fenstern um Sprossenfenster.

Die Fenster des Erdgeschosses und die des ersten Obergeschosses sind in einer Achse angeordnet. Hofseitig befinden sich unter der Traufe, in der Achse der Fenster Ochsenaugen.

Nachträglich sind in dieser Achse Dachgauben eingebaut worden und im weiteren Dach wurden Dachflächenfenster eingesetzt.

Die Türen der Wohngebäude sind mit stilvollem Maßwerk aus Blaustein ge-schmückt. Seitlich der Einganstüren der Wohngebäude sind ebenfalls aus Blaustein Säulen vorgeblendet (Pilaster). Erhalten geblieben sind ebenfalls die schweren Eichentüren (barockisierte Nageltüren) mit Oberlicht. Über den Türen befinden sich  Mauerwerksentlastungsbögen.

An das vordere Wohnhaus wurde ein Anbau gebaut, über die Bauzeit war es mir leider nicht möglich nähere Informationen zu erhalten.

Die Vichtseite sowie die Hofseite sind aus Bruchsteinmauerwerk mit Wulstfuge erstellt. Die Fassade zur Brücke ist weiß verputzt und aufgebrachte Bleche deuten ein Fachwerk an. Das angedeutete Fachwerk besteht nicht wie bei der Scheune ausschließlich aus senkrechten und horizontalen Riegeln, sondern auch vertikale Riegel sind dargestellt. Das Fenster (Vichtseite) und die Tür (Hofseite) sind mit Bleistein eingefasst. Bei dem eingebauten Fenster handelt es sich um ein weißes Kunsstofffenster mit Oberlicht das vertikal unterteilt ist. Die Tür ist eine Holztür ebenfalls mit vertikaler Unterteilung und Oberlicht.

Das Dach ist als Pultdach ausgeführt und mit schwarzen Ziegeln eingedeckt.

 Die noch bestehende Scheune wurde als Lagerstätte für fertige Produkte und Halbzeuge und als Stall genutzt. Die Vichtseite ist aus Bruchsteinen, bei der Hofseite handelt es sich um eine Fachwerkfassade mit Bruchsteinsockel.

Die Fenster der Scheune auf der Vichtseite, sind im Gegensatz zu den Fenstern der Wohnbebauung wesentlich kleiner und weniger schmuckvoll gestaltet. Blausteineinrahmungen sind hier bis auf das Fenster direkt an der Brücke über die Vicht nicht vorhanden. An einigen Stellen im unteren Bereich der Treppe sind noch Stürze alter Fenster zu erkennen, die jedoch zugemauert wurden.

Die horizontalen und vertikalen Riegel des Fachwerks sind aus dunklem Holz (vermutlich Eiche, angestrichen)  und die Ausfachungen verputzt und weiß angestrichen. Die Fenster und Türöffnungen passen sich dem Fachwerk an.

 Für den Schuppen ist 1964 ein Wiederaufbau beantragt worden, da das Dach und das Mauerwerk stark beschädigt waren, sodass ein Abriss oder ein Wiederaufbau notwendig waren.

Der Wiederaufbau wurde 1965 genehmigt unter folgenden Vorraussetzungen:

-Die Außenwände einschließlich Hof- und Giebelseiten sind in Bruchsteinen zu erstellen.

-Die Dachflächen in schwarzglasierten Hohlpfannen oder in Falzziegeln einzudecken. (Flachdachziegel)

-Die Hofseitige Stirnfläche des Binders ist in einer einfachen Stülpschalung oder besser in durchgezogenem Mauerwerk aus Bruchsteinen auszuführen

Bei der Durchführung gab es jedoch einige Änderungen. Der Eigentümer ließ das Mauerwerk nicht wie vorgesehen in Bruchsteinen erstellen, sondern aus Galoppsteinen, die in der Farbe der Bruchsteine angestrichen sind. Hof- und Rückseite sind im wilden Verband gemauert und glatt verfugt. Die Fenster sind mit Holz eingefasst und über einen gemauerten Sturz wird das Mauerwerk entlastet.

An den Schuppen wurde 1974 eine Garage für zwei PKWs angebaut. Sie passt sich in Form und Farbe leider nicht den bestehenden Gebäuden an. Es handelt sich hier um einen weiß verputzen Bau mit den Ausmaßen: 6,49m x 6,01m mit einem leicht geneigten Pultdach, welches mit schwarzen Flachdachziegeln gedeckt ist.

Die Frischöfen
Die Frischöfen sind die einzigen noch erhaltenen Elemente die an die ehemalige Nutzung des Plattenhammers als Hammerwerk erinnern.

In einem Frischofen (Frühschmiede) wurde dem im Hochofen geschmolzenen Eisen- das einen sehr hohen Kohlenstoffgehalt hatte und somit spröde und für die Weiterverarbeitung als Schmiedeeisen unbrauchbar war, bei großer Hitze durch Luftzufuhr ein Teil des Kohlenstoffs entzogen.

Eine Frühschmiede bestand aus einem gemauerten Herd, in welchem die am Hochofen produzierten Göse unter starker Luftzufuhr  (erreicht durch wasserbetriebene Blasebälge) auf Weißglut erhitzt wurden. Das Eisen wurde flüssig und  tropfte in den unteren Teil des Herdes, um hier wieder einer zähflüssigen Luppe zu werden.                                                                                

Wie auch andere Eisenwerke in Vicht wurde auch auf dem Plattenhammer im 19. Jh. zeitweise Messing verarbeitet, hierzu war eine Messingwalze in Betrieb, die jedoch 1868 abgebaut wurde.

Der letzte Reitmeister auf dem Plattenhammer war Johann Phillip Hoesch II (1834-1885). Nach dessen Tod wurde der Besitz nach und nach verkauft und teilweise landwirtschaftlich genutzt, dieses brachte auch einige bauliche Veränderungen mit sich. Bekannt sind mir der Abriss der Schmiede und der Verfall der Frischöfen, die ohne die Produktion von Eisen keine Funktion mehr besaßen und bei denen eine Umnutzung schwierig war.

Ihr Zustand im Herbst 1963 war so, dass eine Wiederherstellung noch möglich war. So übernahm der Landschaftsverband 1963 die Restaurierung. Die meisten Öfen der Umgebung mussten bereits abgebrochen werden. Sodass der Erhalt der letzten soweit existierenden Frischöfen wichtig war.

Frischöfen des Plattenhammers und verfallendeSchmiede um 1923    

- Das Bruchsteinmauerwerk im Kern war erhalten, jedoch an vielen Stellen beschädigt.

- Der Fugenmörtel an den inneren und äußeren Wandflächen war zerstört (Sträucher, Moos und kleine Bäume wuchsen aus dem Mauerwerk) die Wurzeln drangen bis zu 30cm in die Fugen ein.

-  quadratische Ziegelschornsteine fehlten ganz.

- ebenso fehlte der Bogen der unteren Zugangsöffnung und der Zwischenbogen, im inneren des Zwillingsofens.

- Die Umgebung war verwildert und verwachsen.

- Das Hangwasser sammelte sich imFrischöfen des Plattenhammers um 1915 Inneren des Ofens.

Ziel:      Die Schäden zu beheben und die zerstörenden Einflüsse zu beseitigen!

 Für die baulichen Ergänzungen  der Bögen und der  Schornsteine dienten die abgebildeten Zeichnungen als Vorlage, die anhand von Abbildungen rekonstruiert.

Die Außenanlagen wurden mit Hilfe von  Ergebnissen kleiner örtlicher Ausgrabungen nach Maueransätzen und der Gegebenheiten und Erfordernissen der jetzigen Geländesituation geplant.

Maßnahmen 
Die Fugen wurden außen und innen bis zu 10 cm ausgestemmt und mit Sandstrahlgebläse gereinigt. Am Ende wurden diese mit Traßzementmörtel mauerwerksbündig verfugt.

Die Lücken im Mauerwerk wurden mit neuen Schiefetonsteinen ergänzt. Ebenso die Mauerwerksbögen innen und außen.

Die Schornsteine wurden Rekonstruiert  Hierzu wurden schwarzbraune, handgestrichene Magriesitzziegel mit 2 cm stoß- und Lagerfuge wurden in wildem Verband vermauert. Ebenfalls wurden  Schornsteinaufsätze angebracht, diese sind jedoch nicht historisch, sie dienen jedoch dem Schutz der historischen Bausubstanz vor Regenwasser.

Die Bodenfläche der Außenanlagen wurde mit großformatigem Basaltpflaster belegt und die Treppenstufen aus Waschbeton hergestellt. Im heutigen Zustand ist dieser Aufwand jedoch nur noch teilweise zu erkennen. Besonders der Außenbereich um die Öfen herum ist wieder sehr verwildert.

Fazit
Die Umnutzung des Plattenhammers zu einer Hofanlage mit Wohn- und  Lagernutzung führte zu einer Veränderung der Form. Leider ist es den Besitzern des Plattenhammers meiner Meinung nach nicht geglückt das Bild einer geschlossenen, in sich stimmigen Anlage zu erhalten. Vieles wirkt lieblos hergerichtet und die Umbauten bzw. Neubauten an der Anlage beziehen sich kaum auf das ursprüngliche Bild. Als Beispiel ist hier zu nennen, die 1974 erbaute Garage, die sich wie bereits erwähnt in Farbe und Form nicht den anderen Gebäuden anpasst.

Das Bild einer geschlossenen Anlage wird ebenfalls durch das Anbringen von Zäunen auf dem Hof, der eigentlich als Innenhof eine verbindende Funktion besitzt, zerstört. Zudem handelt es sich bei den Zäunen um Wellbleche wie es auf dem Bild rechts zu sehen ist, die in der Materialität nicht mit der Anlage stimmig sind.

Bei dem Anbringen der neuen Fenster auf der Vichtseite wurde auf die eigentliche Fensterform (Sprossenfenster) nicht eingegangen und auch die Materialität in keinster Weise eingehalten.

Ein weiterer negativer Aspekt ist der Bodenbelag, Bilder aus dem Jahre 1940 zeigen einen einheitlichen Bodenbelag aus Bruchsteinen. Heute ist hiervon nicht mehr viel zu erkennen, es besteht eine Mischung verschiedenster Bodenbeläge, die an vielen Stellen notdürftig geflickt sind.

Als positiv zu bewerten ist, dass sich die Wohngebäude hier besonders die Blausteineinrahmungen der Fenster und Türen, die Ochsenaugen und die Kreuzstockfenster in einem guten Zustand befinden und auch das Mauerwerk ist gut erhalten. Dies alles macht das ehemalige Hammerwerk zu einem wichtigen Zeugen seiner Zeit. Zusammen mit den noch vorhandenen Frischöfen gewährt die Anlage einem einen Einblick in die damalige Struktur eines Hammerwerkes und die Architektur des 17. Jahrhunderts im Vichttal.

 

 Literatur
- Koch, Heinrich u.a.: Zweifall. Wald und Grenzdorf im Vichttal (2. Erw Aufl. des Zweifaller Heimatbuches von Johann Bendel), Monschau 1968

-  Schreiber, Helmut und Katharina: Vicht, Beiträge zur Heimatgeschichte, Hammerwerke im Oberen Vichttal, Stolberg- Vicht 1993

- Gehard; Kaspari, Dieter; Krapols, Marlene: Umbau statt Abriss!, Aachen 1995

- Haas, Hans: „Zur Restaurierung der Schmelzöfen im Plattenhammer“, in: Heimatblätter des Landkreises Aachen 1864 Heft 6; S.81-84

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