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Objektführer / Overath / Rösrath / Netzwerk Industriekultur Bergisches Land

Overath_Zeche Lüderich

 

hauptschacht
Zeche Lüderich mit Aufbereitung und Hauptschacht

Walter Buschmann
Die Zeche Lüderich in Overath und Rösrath

Der traditionsreiche, wohl bis ins 9. Jahrhundert zurückreichende Erzbergbau im Bensberger Revier fand im 19. Jahrhundert auf dem Lüderich, einem etwa 4 km langen Höhenrücken westlich der Sülz - einem Nebenfluß der Agger - zwischen Steinenbrück und Rösrath, seinen Höhepunkt. Der östlich von Köln liegende Berg (größte Erhebung 261 m), reich an blei- und zinkhaltigen Erzen, war auch im Hochmittelalter Ort bergbaulicher Tätigkeiten. Eine Reihe ausgedehnter Pingen (Buff, 1881, S. 66) verweisen auf diesen Bergbau in vorindustrieller Zeit. Die weitverbreitete Geschichte, daß der Bergbau auf dem Lüderich zur Finanzierung des Dombaus in Köln beitrug, ist nicht völlig unwahrscheinlich, aber nicht belegbar. Die älteste Urkunde zu einem Bergbau, der noch durch die bäuerlichen Grundbesitzer in Zusammenarbeit mit gelernten Bergleuten erfolgte, wurde 1518 ausgestellt. Ein wirtschaftlich bedeutender und technisch hochstehender Bergbau entwickelte sich in den folgenden Jahrhunderten am Lüderich jedoch nicht. Erst als 1830 beim Bau der Straße Köln-Olpe Bleierze gefunden wurden, kam es in der Folgezeit zu intensiverer Bergbautätigkeit mit Anlage mehrerer Stollen: 1837 Franziska- und Lüderichstollen, 1838 Frühlingsstollen, 1846 Auguststollen. Die Entwicklung der Grube zum Großbetrieb erfolgte seit Anfang der 1850er Jahre, als der preußische Staat zur Belebung des Bergbaus ein auf Zinkgewinnung und -verarbeitung ausgerichtetes belgisches Unternehmen, die Société des Mines et Fonderies de Zinc de la Vieille Montagne für ein Engagement im Bensberger Revier zu interessieren vermochte. Die Vieille Montagne oder nach deutscher Schreibweise die Aktiengesellschaft des Altenberg erwarb und betrieb mehrere Gruben im Bergischen Land, darunter Apfel - Columbus in Immekeppel mit zugehöriger, teilweise erhaltener Aufbereitung, Castor in Ehreshoven, Nikolaus bei Fischermühle, Grünewald bei Untereschbach, Julien bei Bensberg, Nikolaus-Phoenix bei Much, Neu-Moresnet bei Engelskirchen, Uhland bei Vilkerath. Die Grube Lüderich entwickelte sich zur bedeutendsten Förderstätte im Bergischen Land.

immekeppeln
Aufbereitung Immekeppeln

Die zunächst weiter über Stollen betriebene Grube wurde seit 1870 mit Schachtanlagen ausgestattet. Angesichts der ausgedehnten untertägigen Lagerstätte realisierte man nicht eine oder zwei zentral gelegene Schachtanlagen, sondern verteilte vier Schächte über den ganzen Höhenzug des Lüderich. 1870 entstanden der Nordschacht, 1876 der Zentralschacht, 1893 Süd- und 1892 Franziskaschacht. Einen großen Entwicklungsschub in der Geschichte des Bergwerks bedeutete 1896/97 die Planung und Entstehung des Hauptschachtes mit zugeordneter zentraler Aufbereitung am Nordwesthang des Lüderich. Über den Hauptschacht erfolgte nach Fertigstellung die gesamte Förderung. Der Schacht stand über einem Bremsberg mit der am Berghang terrassenförmig angelegten Aufbereitung in Verbindung. Über ein Anschlußgleis wurde das aufbereitete Zinkerz zum Bahnhof Untereschbach befördert. Ein Aquarell, von W. Scheiner 1897 angefertigt, zeigt die imposante Gesamtanlage, die sich geradezu majestätisch über der Sülz erhob (Reproduktion im Bensberger Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe; Original in Belgien verschollen)

hauptschacht
Hauptschacht. Luftbild 1985

Nachdem der Hauptschacht die alleinige Förderfunktion für das Haufwerk übernommen hatte, wurde auf dem Zentralschacht die Personenförderung konzentriert (Kauen- und Verwaltungsgebäude 1906). Die anderen Schächte dienten für Holz- und Bergeförderung, der Franziskaschacht zusätzlich für Seilfahrt (kleine Kaue von etwa 1905). Der Nordschacht wurde schon 1907 aufgegeben und verfüllt. Nach dem Ausbau erarbeiteten 1913 auf der Grube 500 Bergleute eine Jahresförderung von 17 500 m. Lüderich war im Oberbergamtsbezirk Bonn die größte Blei- und Zinkerzgrube (HSTA DÜ 4332).

Starke Verluste während der Weltwirtschaftskrise zwangen zur Beschränkung des Grubenbetriebes. Im Dezember 1930 wurde der gesamten Belegschaft gekündigt und nur ein Notbetrieb zur Sicherung der Grube aufrechterhalten.

Neuen Aufschwung brachten die wirtschaftlichen Autarkiebestrebungen der NS-Zeit. Die AG des Altenberg wurde nach deutschem Recht allerdings weiterhin als Tochtergesellschaft der Vieille Montagne neu gegründet. Sie umfaßte auch die Zinkhütte in Essen-Bergeborbeck und das Zinkwalzwerk in Oberhausen (heute Zentrale des Rheinischen Industriemuseums). Die Bergbauabteilung bestand aus den Gruben Lüderich und Nikolaus-Phoenix bei Much. Auf dem Lüderich wurden neue Lagerstätten erschlossen, Haupt- und Zentralschacht mit neuen Förderanlagen versehen. 1937 hatte die Grube eine Belegschaft von 900 Mann, die während des Krieges zur Erfüllung des Fördersolls auf 1200 Mann erhöht wurde (David 1  980, S. 56).

Nachdem 1950 sehr reiche Lagerstätten entdeckt worden waren und die Koreakrise sich vorteilhaft auf die Nachfrage auswirkte, konnte sich das Bergwerk auch nach dem Krieg gut behaupten. 1966 hatten die Gruben Lüderich und Nikolaus-Phoenix 10 % Anteil an der Förderung von Blei und Zink in der Bundesrepublik Deutschland. 1975 gehörte Lüderich zu den letzten vier verbliebenen Blei-/Zinkbergwerken in der Bundesrepublik und förderte mit 300 Mann Belegschaft 230 000 t Roherz, aus dem 30 000 t verhüttbare Metalle gewonnen wurden. Als die Grube 1978 stillgelegt wurde, endete der Bergbau im Bensberger Revier dort, wo er angefangen hatte und seine größte Blüte erlebte.

Die erhaltenen baulichen Zeugnisse der Grube Lüderich dokumentieren zwei wichtige Entwicklungsphasen in der Geschichte des Bergwerkes: die Ausbauphase der Jahrhundertwende und den Neuanfang in den 1930er Jahren.

Der Hauptschacht in Overath google-map
Über Jahrzehnte hinweg hat der Hauptschacht bis zur Stilllegung der Grube 1978 seine Funktion als zentraler Ort der Förderung bewahrt. Anschauliches Dokument dieser Funktion ist das Fördergerüst.

Über dem 1896 abgeteuften Schacht wurde 1936/37 (Jahresangabe nach freundlicher Mitteilung des ehemaligen Bergwerksdirektors Heinz Kalthoff) das alte Fördergerüst durch eine neue Konstruktion ersetzt. Das erhaltene Gerüst (Höhe bis zur Kranbahn ca. 22,0 m) ist ein eingeschossiges Strebengerüst mit zwei nebeneinanderliegenden Seilscheiben in Vollwandbauweise (Bauart Dörnen 2). Zwischen den auf den Fundamenten verschraubten Streben erfolgt die Aussteifung durch filigranes K-Fachwerk. Die Seilscheibenträger sind über kleine verschraubte Stahlblechplatten auf das Führungsgerüst aufgelagert. Die Seilscheibenträger tragen zwei Seilscheiben mit je 3,4 m Durchmesser. Die östliche Seilscheibe ist eine Schweißkonstruktion, die westliche hat Schraubverbindungen. Die Laufrillen beider Seilscheiben sind mit Hartholz ausgekleidet. Die Kranbahnkonstruktion über den Seilscheiben ist erhalten.Das über dem Schacht sich erhebende Führungsgerüst ist zwischen den Eckständern mit Diagonalstäben und Andreaskreuzen ausgesteift. Um das Führungsgerüst herum führt eine Stahltreppe zur Seilscheibenbühne. Die Förderung im Hauptschacht erfolgte über ein Fördergefäß (Skip) im östlichen Trumm und mit einem zweietagigen Förderkorb für jeweils zwei nebeneinander stehende Förderwagen (700 l) im westlichen Trumm. Hölzerne Spurlatten zur Führung der Förderkörbe, Prellträger unter den Seilscheiben und Fallklinken sind im Führungsgerüst erhalten. Zur Ende der 1960er Jahre eingerichteten Skipförderung gehört eine an das Führungsgerüst sich anlehnende Skipentladetasche, über die das Fördergut in die zur Aufbereitung fahrenden Förderwagen gelangte.

hauptschacht
Hauptschacht mit Schachthalle. Foto 1993

Die ebenerdige Hängebank ist von einer aus Ziegelstein erbauten Schachthalle von 1939 umbaut (lt. Bauakte im Stadtarchiv Overath). Die Halle ist ein schmaler, quaderförmiger Baukörper mit hochrechteckigen Fenster- und Türöffnungen. Sie erhob sich turmartig über die angrenzenden eingeschossigen Bauten des Wagenumlaufs, die nicht erhalten sind.

Das Fördergerüst des Hauptschachtes ist nicht nur bedeutend für die Geschichte der Grube Lüderich, sondern auch für die Bau- und Konstruktionsgeschichte der Fördergerüste. Der Bauingenieur Johannes Dörnen hatte 1928 eine Gerüstart konzipiert, die statisch exakt zu berechnen war und gestalterisch den zeitgenössischen Vorstellungen entsprach. Charakteristisch für die Bauart Dörnen ist die Vereinigung von Streben und Seilscheibenträgern über eine biegesteife Eckausbildung. Diese, wie umgedrehte Eishockeyschläger wirkenden Bauteile aus vollwandigen Blechträgern, dominieren das Erscheinungsbild der Dörnen-Gerüste. Die Einführung von Vollwandkonstruktionen in den Stahlbau hatte neben praktischen Überlegungen (verringerter Korrosionsangriff) besonders gestalterische Gründe als Stilmittel der klassischen Moderne, zur Überwindung des Dünnlichen und Drahtmäßigen der herkömmlichen filigranen Fachwerkkonstruktionen.

Neben dem gestalterischen Aspekt ist besonders der konstruktionsgeschichtliche Gesichtspunkt von Belang. Seit der Jahrhundertwende gab es bei dem Bau der Fördergerüste intensive Bemühungen, die Konstruktionen statisch korrekt berechenbar zu machen. Die Fördergerüste der Bauart Dörnen sind die erfolgreichsten Resultate dieser Bemühungen. Wichtig für die Statik war das gelenkartige Auflager zwischen Seilscheibenträgern und Führungsgerüst. Das erste Gerüst der Bauart Dörnen entstand 1928 in Bochum für die Zeche Robert Müser, es hatte noch ein oben zu den Seilscheibenträgern hin spitz zulaufendes Führungsgerüst. Diese konstruktiv aufwendigere Ausbildung des Führungsgerüstkopfes setzte sich nicht durch. Vielmehr wurde bei den Folgekonstruktionen das Führungsgerüst oben mit horizontalen Trägern ausgebildet, auf denen die Gelenke und darüber die Seilscheibenträger aufsetzten. Diese Gerüstart (Dörnen 2) war sehr erfolgreich und wurde vielfach auch noch nach dem 2. Weltkrieg angewendet. Neben dem erhaltenen Ursprungsgerüst dieser Bauart von 1928 in Bochum führt das Gerüst der Grube Lüderich altersmäßig die Gruppe der denkmalwerten Exemplare der Bauart Dörnen 2 an (es folgen: Osterfeld 3/Oberhausen von 1949, Radbod 5/Hamm von 1949, Erin 7/Castrop-Rauxel von 1953, Marianneschacht/Ibbenbüren von 1955 und Zollverein 1/Essen von 1957/58). Die Bauart Dörnen wurde in den 1960er Jahren abgelöst durch eine Konstruktionsart mit geschweißten Kastenprofilen.

Integraler Bestandteil der Fördereinrichtung des Hauptschachtes ist das Fördermaschinenhaus von 1938 (lt. Bauakte im Stadtarchiv Overath). Es ist eine Backsteinhalle über Sockelgeschoß mit flachem Satteldach. Über dem Sockel waren  in leicht zurückspringenden Wandfeldern in den Seitenfassaden und in der Rückwand ursprünglich je drei Hochrechteckfenster angeordnet, die heute weitgehend zugesetzt sind. In der zweiachsigen Vorderfassade sind noch die Ausgänge der Förderseile erkennbar. Die Halle wird überspannt von Stahlbindern in Ständer- und Strebenfachwerk. Von der maschinellen Ausstattung (Elektrofördermaschine vgl. David, 1980, S. 55) sind nur unbedeutende Reste erhalten.

Der Zentralschacht Overath/ Dortmund
So wie der Hauptschacht durch die baulichen Relikte noch seine Funktion als Förderstandort anzeigt, sind am ca. 150 m entfernten Zentralschacht noch die Baulichkeiten der Personenförderung präsent. Besonders eindrucksvoll ist das Verwaltungs- und Kauengebäude von 1906 (Bauakte im Stadtarchiv Overath).


Verwaltungs- und Kauengebäude. Foto 2003

Ursprünglich auf T-förmigem Grundriß errichtet, waren im querliegenden Gebäudeteil (mit Krüppelwalm und Fachwerk im Giebeldreieck) die Büros und Steigerkauen untergebracht. Im langgestreckten Gebäudekörper mit vorgelagertem Windfang und aufgesetzter sechsseitiger Laterne befand sich die Hakenkaue mit Kleideraufzügen. Rückwärtig in einem niedrigeren Trakt mit Pultdach war der Wasch- und Brauseraum. Später ist dem Gebäude nach Osten ein zweigeschossiger Anbau vorgelagert worden für weitere Büros. Die Fassaden sind einheitlich gegliedert durch Wandvorlagen, Stockwerks-, Trauf- und Ortgesimse sowie Fenster- und Türumrahmungen mit roten Ziegelsteinen. Die zurückliegenden Wandflächen sind aus grauen Zementschwemmsteinen gemauert. Im Inneren ist die ungeteilte Halle der von Stahlbindern überspannten Kaue erhalten. Im angrenzenden Flur befinden sich die Schalterfenster einer kleinen Lohnhalle und der Markenkontrolle. Der Flur ist teilweise mit Mettlacher Fliesen mit floraler Ornamentik belegt.


Fördergerüst Zentralschacht

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Fördergerüst Zentralschacht am heutigen Standort in Dortmund. Foto 1993

Die vorwiegend zur Seilfahrt dienende Fördereinrichtung des Zentralschachtes ist nur durch das Fördermaschinenhaus von 1937 (lt. Bauakte Stadtarchiv Overath) überliefert. Es ist ein kleiner Putzbau mit Satteldach. Die Öffnungen für die Förderseile im Giebel und im Inneren die Fundamente der Fördermaschine verweisen noch auf die Funktion dieses Gebäudes. In einer parallel angeordneten Halle stand ein Kompressor. Das vorgelagerte, demontierte Stahlfördergerüst über dem heute mit einer Betonplatte verschlossenen Schacht war in der Konstruktionsart dem Gerüst des Franziskaschachtes (Gem. Rösrath) vergleichbar, aber etwas größer ausgebildet (h = 11,5 m). Es wurde 1979 nach Dortmund transloziert und steht dort heute auf dem Gelände des Museums für Naturkunde. Die Elektrofördermaschine ist beim Westfälischen Industriemuseum/Dortmund eingelagert.

Die übrigen auf der Schachtanlage erhaltenen Bauten in Holz- und Stahlfachwerk (Schmiede, Schreinerei, Magazin, Remise) sind ohne Bedeutung.

Aufbereitung in Overath-Steinenbrück, Olper Str. 131 google-map
In der ehemaligen Blaufärberei und Knochenmühle Roland Burger wurden seit 1857 die Erze der Grube Lüderich aufbereitet. Es handelt sich um eine zweiteilige Gebäudeanlage um 1850, bestehend aus zweigeschossigem Fachwerkhaus auf Bruchsteinsockel mit Satteldach, das auf einer Seite als Krüppelwalm ausgebildet ist. Dieses Gebäude zur Straße dreiachsig mit großer zweiflügeliger Tür. Das Fachwerk ist zur Straße und zur Giebelseite mit quadratischen Metallplatten verkleidet. Zur rückwärtigen Trauffassade liegt das Fachwerk frei. Hochrechteckige Gefachfelder.

An das Fachwerkhaus schließt sich ein eingeschossiger Putzbau auf Natursteinsockel mit Satteldach an. Fenster rnit Holzblockrahmen und originalen Fensterahmen.

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Aufbereitung in Overath-Steinenbrück. Die Gebäudegruppe ganz rechts ist erhalten geblieben.

Der Franziskaschacht in Rösrath google-map
Von der 1837 mit einem Stollen im
Tal begründeten Anlage (vgl. Stollenmundloch bei David, 1980, S. 44) ist eine eindrucksvolle Gebäudegruppe am Rothenbach und, nahe der Dorflage Hove, das Fördergerüst des 1892 abgeteuften Schachtes erhalten.

Das kleine Fördergerüst von 1892 (Höhe ca. 6,0 m) ist ein eingeschossiges deutsches Strebengerüst in Fachwerkbauweise in Nietkonstruktion mit zwei nebeneinanderliegenden Seilscheiben. Die beiden Streben sind zusammengefügt aus je zwei U-Profilen mit Flanschhöhen von ca. 20 cm. Sie enden oben mit horizontalen Querriegeln, die außen über zwei Knotenbleche und mittig mit kurzen Stummelstreben die vier Seilscheibenträger unterstützen. Die vier Eckständer des Führungsgerüstes bestehen aus vier gering dimensionierten Winkelprofilen, die von der Rasenhängebank bis zur Kranbahn durchlaufen und durch Andreaskreuze ausgesteift sind. Die Kranbahn ist mit einem Wellblechdach abgedeckt. Die bei  den gußeisernen Seilscheiben haben Durchmesser von ca. 1,8 m. Unter den Seilscheiben befinden sich die Prellträger. Im Führungsgerüst sind die hölzernen Spurlatten erhalten. Ebenfalls erhalten ist ein eingeschossiger Förderkorb und ein Förderwagen. Das zum Fördergerüst zugehörige Fördermaschinenhaus in Holzfachwerk wurde 1979 abgebrochen. Die Fördermaschine befindet sich im Deutschen Bergbaumuseum Bochum.

franziskaschacht
Födergerüst Franziskaschacht

Das Fördergerüst des Franziskaschachtes vereinigt Konstruktionsmerkmale des Englischen Bock (Anordnung der Seilscheibenachsen im Schnittpunkt Streben/Eckständer Führungsgerüst) mit Merkmalen der 1875 entwickelten Bauart Promnitz. Es ist entwicklungsgeschichtlich für den Bau der Fördergerüste von Bedeutung und ist im Rheinland das älteste erhaltene Fördergerüst (im Harz: 1876 Ottiliaeschacht; in Westfalen: 1886 Gneisenau 2; im Saarland: 1886 Itzenplitz 3). Mit seiner geringen Größe verdeutlicht es im Kontext der Lüderich-Schächte seine untergeordnete Funktion für Holz- und Bergeförderung sowie für Seilfahrt.

Abseits des Fördergerüstes befindet sich im Rothenbachtal, nahe dem hier ansetzenden Franziskastollen, eine Gebäudegruppe mit Waschkaue, Steigerhaus und Grubenhaus. Die zwischen Steiger- und Grubenhaus (eingeschossige Fachwerkgebäude aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts) gelegene Kaue (um 1905) ist in gleicher Formensprache wie das Verwaltungs- und Kauengebäude des Zentralschachtes erbaut worden. Die untergeordnete Funktion des Franziskaschachtes macht sich auch hier in der bescheidenen Größe des Gebäudes bemerkbar. Die beiden Eingänge sind markiert durch vorgelagerte Windfänge in Holzfachwerk.


Kaue im Rothenbachthal. Rothenbacher Weg 30A Foto 1993 google-map

Steigerhaus der Grube Franziska, Rösrath Rothenbacher Weg 28
Die Erschließung des Tals und die noch heute bestehende topographische Randlage der Fachwerkhäuser im oberen Teil des Rothenbachtales steht in Zusammenhang mit der Grube Franziska. In unmittelbarer Nähe zum Franziska -Schacht  wie auch zum Hammergraben bzw. -werk entstandenen Wohnhäuser für die festangestellten Grubenarbeiter.

Das Steigerhaus ist ein eineinhalbgeschossige Fachwerkhaus in Hanglage direkt am Rothenbach auf massivem Bruchsteinsockel. Der Eingang liegt mittig auf der Traufseite. Das Satteldach ist an der östlichen Traufe laubenartig zur Überdachung des Eingangs herabgezogen. Das rechts des Eingangs liegende Fenster ist vermauert. Aus zwei Fensterachsen bestehende Giebelseite. Die hochrechteckigen Fenster mit Sprosseneinteilung sind im EG von größerem Ausmaß.  Das rot gefasste Fachwerk ist in einfacher symmetrischer Anordnung dekorativ gestaltet. Unter jedem Fenster ornamentales Fachwerk in Form von Andreaskreuzen.  Die Gefache sind in Backstein ausgemauert. An den südlichen Giebel schließt sich ein eingeschossiger Fachwerkstall mit Satteldach an.

Das Gebäude ist als ehem. Steigerhaus im Zusammenhang mit der nordöstlich gelegenen Grube Franziska und der benachbarten Waschkaue ein Zeugnis für die  Wohn- und Lebensverhältnisse der festangestellten Grubenarbeiter. Das für das Bergische Land seltene dekorative Fachwerk ist ein Zeugnis für die in repräsentativen Formen zum Ausdruck kommende gehobene soziale Stellung des  Steigers. Für die Erhaltung und Nutzung des Gebäudes liegen insbesondere ortsgeschichtliche Gründe vor, da das Gebäude im Zusammenhang mit den noch erhaltenen Grubengebäuden im Bereich am Rothenbach die durch den Bergbau bedingten Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen im Bergischen Land widerspiegelt.

Zusammenfassung
Der traditionsreiche Erzbergbau im Bergischen Land auf Silber, Eisen, Blei und Zink ist nur noch durch wenige bauliche Relikte überliefert. Umso erfreulicher ist es, daß die bedeutendste Grube der Region noch mit außerordentlich aussagekräftigen Sachzeugnissen präsent ist. Von überragendem Wert ist das Fördergerüst des Hauptschachtes als Denkmal der Technik- und Konstruktionsgeschichte der Seilscheibenstützkonstruktionen, als zentrale bauliche und funktionale Anlage der Grube Lüderich und als weit über das Sülztal sichtbare Landmarke. Im Verwaltungs- und Kauengebäude des Zentalschachtes ist stärker der sozialgeschichtliche Aspekt des Bergwerkes aufgehoben. Es verweist auf die Belegschaft der Grube, auf die Menschen, die durch ihre Arbeit das Bergwerk zur hohen Blüte geführt haben.

Quellen
Bauakten im Stadtarchiv Overath: 63-7, 63-14, 63-15, 63-16, 63-20, 63-23, 80-3, 80-4);
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Bestand Oberbergamt Bonn: 1082, 1085, 1347, 1382, 1197, 1198

Literatur
E. Buff, Beschreibung des Bergreviers Deutz (= Revierbeschreibungen Bd. 5, hg. vom Kgl. Oberbergamt Bonn), Bonn 1882

Das Zink- Bleierzbergwerk Lüderich. In: Rheinisch-Bergischer Kalender 1975

Heinz David, Das war das Bensberger Erzrevier. In: Rheinisch-Bergischer Kalender 50 (1980), S. 42-59

Carl Heinz Kalthoff, Belgische Ursprünge des bergischen Bergbaus. In: Rheinisch-Bergischer Kalender 57 (1987), S. 77-87

Georg Sturmberg, Der Lüderich und seine Menschen. In: Rheinisch-Bergischer Kalender 50 (1980), S. 59-69

Wolfgang Vomm, Das Bergische Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe. Ein Begleitbuch für Museumsbesucher. Bergisch-Gladbach 1988

Hubert Winters, Der Erzbergbau am Lüderich. In: 800 Jahre Immekeppel (Hrsg.: Arbeitskreis Heimatbuch Immekeppel). Bergisch-Gladbach 1966

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