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Johann Arnold Clermont

 


 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Obelisk


Objektführer / Wollroute

Vaals

Texte und Dokumente
Carina Ramakers/Angie Müller: „SPERO INVIDIAM“. Auf den Spuren des Erbes der Familie von Clermont, Seminararbeit RWTH Aachen Lehrgebiet Denkmalpflege WS 2008/ 2009 1. Vaals. Der Bauherr Johann Arnold von Clermont und sein Architekt Joseph Moretti

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Lageplan mit den Bauten von Clermont in Vaals und Vaalsbroek

Carina Ramakers/Angie Müller
„SPERO INVIDIAM“. Auf den Spuren des Erbes der Familie von Clermont

1. Vaals. Der Bauherr Johann Arnold von Clermont und sein Architekt Joseph Moretti
Die Geschichte der niederländischen Stadt Vaals und darüber hinaus die Entwicklung der Tuchindustrie im deutsch- niederländischen Grenzraum wurde ab der Mitte des 18. Jahrhunderts maßgeblich durch die Bauten von Johann Arnold Clermont und seines Architekten Joseph Morettis geprägt..

Bis heute ist diese florierende Epoche der Tuchindustrie in verschiedenen Bauten in Vaals und Umgebung ablesbar.

Johann Arnold von Clermont
Nach de Win , soll die Familie Clermont ursprünglich aus den Niederlanden kommen. Nachdem Herzog von Alva in die Niederlande einfiel, verließ die Familie Clermont das Land und emigrierte in das Land von Gulick, um sich schließlich in Aachen anzusiedeln. Seit 1763 fügt die Familie ihrem Namen ein adliges „von“  bei, wozu Theodor Clermont 1752 in Berlin das Recht erwarb.

Liese geht in seinem Buch der Vermutung nach, dass der Name Clermont von einem, derzeit wallonischen, Dorf namens Clermont (clarus mons) aus der Nähe von Herve stammt. Herve genoss im 18. und 19. Jahrhundert große Bekanntheit wegen dem dort ansässigen Tuchgewerbe. Hier ist, nach Liese, die Heimat der Familie von Clermont.

Belegt ist, dass Johann Arnold von Clermont aus einer Aachener Familie stammt. Er wurde am 24. Mai 1728 als Sohn einer bekannten Tuchmacherfamilie geboren. 1752 starb sein Vater, Esaias von Clermont, mit nur 53 Jahren. Das ganze Unternehmen, welches schon seit drei Generationen in Aachen ansässig war, wurde seinem Sohn hinterlassen. Dieser erwies sich, trotz seines jungen Alters von 23 Jahren, als kluger und fähiger Geschäftsmann. 1754  heiratete er Maria Elisabeth Sophie von Emminghaus, die ihm später 16 Kindern schenkte, wovon leider drei verstarben.

Nach wenigen Jahren in Aachen, in denen das Unternehmen bedingt durch die hohe Qualität der Tücher und die effizienten Produktionsmethoden viel Anerkennung bekam, entschied sich von Clermont 1760 mit seinem kompletten Betrieb nach Vaals auszuwandern. Schuld an dieser Entscheidung waren verschiedene Zunftzwänge, welche die Stadt Aachen den dort ansässigen Unternehmern auferlegte. Ein Beispiel hierfür ist, dass Scherer und Weber nicht für ein Unternehmen arbeiten durften und zudem ein Betrieb nicht mehr als vier Webstühle besitzen durfte. Dies verlangsamte den Produktionsablauf erheblich.

Von Clermonts doch sehr eigene Vorstellung von der Führung eines Unternehmens, die religiöse Intoleranz gegenüber Protestanten in Aachen, sowie die Standortvorteile von Vaals, waren entscheidende Faktoren, welche für den Umzug nach Vaals sprachen. Entscheidend war außerdem der Wasserreichtum in Vaals und das dort vorhandenen 10°C kalte, kalkfreie Wasser, das optimal zum Spülen der Wolle geeignet war. Hinzu kamen noch die günstigen Steuerbedingungen und die qualifizierten Arbeitskräfte.

1760 kaufte  J.A. von Clermont Schloss Vaalsbroek von Baron Leonard Lamberts von Cortenbach für nur 52.650 Brabantse Gulden. Er ließ das Haus und die dazugehörige Mühle von dem Architekt J. Moretti restaurieren. Zeitgleich begann er  mit dem Neubau seiner Fabrik, dem sogenannten „Stammhaus“, im Vaalser Ortszentrum. Dieses Gebäude vereinte Fabrik-, Wohn- und Kantorgebäude, was zu dieser Zeit einzigartig war.

Das Unternehmen, das russische Zaren und deutsche Kaiser zu seinen Kunden zählte, beschäftigte zeitweise um die 2300 Einwohner von Vaals. Nicht zu Unrecht wurde gesagt, dass J.A. von Clermont so wichtig für die industrielle Entwicklung von Vaals war, dass die Geschichte seines Geschlechtes die Geschichte von Vaals im 18. Jahrhundert bestimmt hat.

Im Jahr 1786 starb seine geliebte Frau Maria von Emminghaus. Daraufhin ließ J. A. von Clermont auf dem Landgut Vaalsbroek durch den Architekten J. Moretti ein Mausoleum für sie errichten. Kurz darauf gab er den Entwurf seiner Altersresidenz, Haus Blumenthal (nl. Bloemendal), nicht weit vom Stammhaus entfernt, in Auftrag. Bedingt durch die französische Revolution wurde der Baubeginn jedoch bis 1791 verzögert.

1795 zog Johan Arnold von Clermont sich definitiv aus dem Unternehmen zurück und überließ es seinen beiden ältesten Söhnen. Im August dieses Jahres bezog er endlich Haus Blumenthal, um seinen Ruhestand zu genießen. Leider war diese Phase nur von kurzer Dauer, da er im September desselben Jahres im Alter von 68 Jahren verstarb. Er wurde im Mausoleum auf dem Landgut Vaalsbroek, neben seiner Frau, beigesetzt.

Den beiden Söhnen von J.A. von Clermont fehlte leider das wirtschaftliche Geschick ihres Vaters. Nach seinem Tot ging es mit dem Unternehmen schnell bergab, was zum Verkauf des Besitzes führte.

Der Architekt Joseph Moretti
Der aus Mailand stammende Architekt, lebte in Aachen und war 20 Jahre lang Hauptbaumeister der Familie von Clermont. Er blieb lange Zeit unentdeckt und wurde als Renaissance- Anhänger verkannt bis er 1753 einer der Entdecker der ungarischen Kapelle des Doms zu Aachen war. Daraufhin wurde er beauftragt den Fund zu dokumentieren und die Ersatzkapelle zu bauen. Seither genoss er in und um Aachen große Anerkennung. Im Folgenden entwarf er mehrere Kirchen (Slenaken, Gemmenich, Lontzen, Eupen, Aubin, Neufchateau), Klosterflügel (Rolduc und Aachen), Herrenhäuser und die Bauten der Familie von Clermont. Am 01. Mai 1793 verstarb Joseph Moretti in Aachen.

Bauten der Familie von Clermont
Außer dem Stammhaus am Clermontplein, Kasteel Vaalsboek mit Mühle wurden von J.A. von Clermont in Zusammenarbeit mit J. Moretti noch einige andere, wichtige Bauten in Vaals realisiert.

1_Verves
(Baujahr: 1764,  Standort: v.Clermontplein 34-42)
Der Name dieses Gebäudes, welches sich direkt gegenüber dem Stammhaus befindet, ist eine Abwandelung des Wortes Farbhaus, was seine eigentliche Funktion verrät. Heute steht dieses Gebäude leider leer. Der Verfall ist schon weit fortgeschritten.

verves
Verves

2_Das Meisterhaus
(Standort: von Clermontplein 4-6)
Dieses Doppelhaus wurde mit großer Wahrscheinlichkeit als Wohnhaus für den Aufseher der
Scherer und Weber erbaut. Bei der genaueren Betrachtung weist es die schon mehrmals erwähnten Stilmerkmale auf, welche die Bauten Morettis auszeichnen. Hierzu gehören besonders die weiß verputzte Ziegelfassade, sowie die Fensterumrandungen aus narmurischem Blaustein. Bis heute wird dieses Gebäude als Wohnhaus genutzt.

3_Das Mausoleum
(Baujahr 1787, Standort: Vaalsbroek)
Der quadratische Bau mit rückseitigem Anbau wird durch ein Zeltdach abgedeckt. Die Nordostfassade ist komplett aus namurischem Blaustein. Die schlichten Seitenfassaden werden nur durch Schlussanker und Fensteröffnungen mit Rahmen aus narmurischem Blaustein strukturiert. Die dreigeteilte Frontfassade mit mittigem Eingang wird durch ein Tympanon gekrönt, auf dem das Wappen der Familie abgebildet ist.

4_ Der Obelisk
( Baujahr 1790: Standort: nördlich des Maastrichterlaan)
Der Obelisk dient der Markierung des nördlichen Endes des „Wirkungskreises“ der Familie von Clermont. Der, ganz aus namurischem Blaustein geschaffene, Grenzstein ist auf einem quadratischen Sockel in einem Teich positioniert.

5_Blumenthal
Der ursprüngliche Zustand des Alterswohnsitzes von von Clermont ist heute nur noch im mittleren Gebäudeteil des Luxushotels zu erkennen. Dort sind typische Merkmale der „clermontschen Bauweise“, wie die verputzte Ziegelfassade und die mit Blaustein umrandeten Segmentbogenfenster mit Schlussstein zu erkennen. Die Fassade findet ihren Abschluss in einem Schilddach. Um der heutigen Hotelfunktion gerecht zu werden, wurden zu beiden Seiten des Gebäudes Anbauten angebracht.

blumenthal
Blumenthal

Baumerkmale
Bei der Betrachtung der Bauten, die Johann Arnold von Clermont durch den Architekten Joseph Moretti errichten ließ, lassen sich einige wiederkehrende Bauelemente feststellen, die heute den „clermontschen“ Stil ausmachen:
-           Ziegelsteinbau
-           verputzte Fassaden
-           sanft gelber Anstrich, ab dem 19. Jahrhundert weißer Anstrich
-           symmetrisch angelegte Stichbogenfenster mit Umrandung aus narmurischem6    Blaustein
-           meist mit Schiefer bekleidetes Mansarddach

Fazit
Die Tuchherstellung war der größte und bekannteste Industriezweig dieser Region und läutete durch ihre Fortschrittlichkeit das Industriezeitalter ein. Ein Teil dieser Entwicklung kann einer der wichtigsten Tuchmacherfamilien, der Familie von Clermont, zugesprochen werden. Besonders durch ihre Bauten wird ihr Einfluss auf die Geschichte des Ortes Vaals und darüber hinaus deutlich. Heute sind die Bauten des Johann Arnold von Clermont ein gutes Beispiel dafür, dass denkmalgeschützte, restaurierte Gebäude auch „moderne“ Funktionen beherbergen können. In diesem Fall wurde der ursprüngliche Zustand der Gebäude größtenteils sachgemäß, wohlüberlegt und nuanciert rekonstruiert. Jedoch waren an manchen Stellen auch Kompromisse notwendig, um eine harmonisches Zusammenspiel zwischen der alten Form und der neuen Funktion zu ermöglichen.

Betrachtet man das Gesamtwerk des Johann Arnold von Clermont, so beherbergen alle seine großen Bauten neue Nutzungen, die für sich funktionieren und zudem von überregionaler Bedeutung sind. Diese Eigenständigkeit und Unterschiedlichkeit der Funktionen führt jedoch dazu, dass der Gesamtzusammenhang für den Besucher schwer zu erfassen ist. Zwar wird die Zusammengehörigkeit der Gebäude durch ihre Architektur sichtbar, doch ist von der clermontschen Tuchfabrikation nur noch wenig spürbar.

Hier könnte eine Initiative wie zum Beispiel die „Euregio Wollroute“ eine große Hilfe sein. 
Diese würde einen ersten Anlass bieten die Projekte weiter auszuarbeiten und besser verständlich zu machen. Durch ein präsenteres Informationsnetzwerk könnte man dem Besucher einen besseren Überblick über das Gesamtwerk der Familie von Clermont verschaffen und seine Aufmerksamkeit somit auf weitere Bauten lenken. An dieser Stelle stellt sich natürlich die Frage nach der Art der Realisierung eines solchen Informationsnetzwerkes. Dabei bieten technische Neuerungen und neue Medien viele verschiedene Möglichkeiten. Doch natürlich erfordert ein solches Projekt die viel Zeit und die nötigen Gelder. Daher wären vielleicht aufeinander verweisende Beschilderungen bereits ein guter Anfang.

In Vaals bietet sich die Möglichkeit dem Besucher ein Stück Tuchmachergeschichte zu präsentieren, wie es in dieser geballten Form nur selten zu finden ist. Bemühungen diese, auch für die Euregio so wichtige Epoche, anschaulicher und zusammenhängender darzustellen, würden mit Sicherheit großen Zuspruch finden.

Literatur
Van Agt, J.F.: Zuid Limburg, Vaals, Wittem en Slenaken
(De Nederlandse Monumenten vd geschiedenis en kunst), ’s Gravenhage 1983

Calani-Hermans,A.: Joseph Moretti, Bouwmeester tussen roccoco en klassicisme,1996 (unver                 öff. Typoscript, Lehrstuhlbibliothek Baugeschichte Xm 70406)

Forster, G.: Ansichten vom Niederrhein, von Brabant, Flandern, Holland, England und Frankreich im April, Mai und Junius 1790, (Erstausgabe 1792) Inselverlag Leipzig 1979

Liese, J.: Das klassische Aachen, I, Johann Arnold von Clermont (1728-1795),
Sein Geschlecht und sein Schaffen im “Vaalser Paradies”, Aachener Beiträge zur Heimatforschung 7, Aachen 1936

Liese, J.: Der Vaalser Tuchfabrikant Joh. Arnold von Clermont, das Urbild des Weltbürgers in
Goethes Epos “Hermann und Dorothea” in : Heimatsblätter des Landeskreis Aachen 3, Aachen 1933, S.3

Jacobi, H.: Beiträge zur Geschichte der Familie von Clermont, Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde V, 1926, S. 55ff und 103ff

Fehl, G./Kaspari, D./Krapols, M.: Umbau statt Abriss, Zur Erhaltung des industriellen Erbes in der EUREGIO Maas Rhein,  Aachen, 1995, S 106-115

Jansen, J.C.G.M., Hermans, F., Cramer, P.: Vaalsbroek, schoonheid met een ziel,Vaals, 2000

Arch.Ing.Hendriks, J.: Het huis von Clermont, restauratie ’75-’79, Maastricht1979

Boere, E.: Het huis Clermont of Tyrellse gebouwen te Vaals, i.a.v. Provinciale Waterstaat in
Limburg, Maastricht 197

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