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Luisenhütte Wocklum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Zollverein 12 in Essen. Isometrie

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

   
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Walter Buschmann
Industrielle Flächendenkmäler

(veröffentlicht in: Wiemer, Karl Peter/Red.: Dem Erbe verpflichtet. 100 Jahre Kulturlandschaftspflege im Rheinland. Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Münster 2006)

luftbild
Zeche und Kokerei Zollverein in Essen

Wie groß und flächenmäßig ausgedehnt dürfen Denkmäler sein? Die Denkmaldefinitionen in den Denkmalschutzgesetzen geben darauf keine Antwort und es stellt sich in der Tat die Frage, ob es darauf eine sinnvolle Generalantwort geben kann. In den letzten 20 Jahren hat die Industriedenkmalpflege in der Praxis einige in der Größenordnung ungewöhnliche Objekte als denkmalwert klassifiziert, teilweise in die Denkmallisten eingetragen oder eintragen lassen und an der Erstellung und Umsetzung von Erhaltungskonzepten mitgewirkt. Wie ist dies eigentlich in die bisherige und normale Tätigkeit der Denkmalpflege einzuordnen?
 
Auch im traditionellen Bereich der Denkmalpflege gibt es bekanntermaßen großflächige Denkmäler, wie Burgen, Schlösser, Festungen oder Klosteranlagen. Ein Blick auf diese Objektgruppen zeigt auch, dass die Rahmenbedingungen für die Ausweisung eines solchen Flächendenkmals sehr weit und offen sein können:

  • ein solches Denkmal muss nicht innerhalb eines kurzen oder überschaubaren Zeitraums entstanden sein, sondern kann Gebäude aus mehreren Jahrhunderten einbeziehen
  • es muss insofern auch keinesfalls stil- oder formeinheitlich sein
  • selbst die Kontinuität des Bauherrn, bzw. der baustiftenden Institution oder der Nutzung muss nicht Voraussetzung sein, wie beispielsweise die nach der Säkularisation vielfach mit ganz anderen Nutzungsinhalten ergänzten Klosteranlagen deutlich machen

Trotz dieser begrifflichen Offenheit sollen die überwiegend doch feststellbaren Kriterien des Flächendenkmals festgehalten werden: Der Zusammenhang zwischen den Gebäuden eines zu einem Flächendenkmal zusammengefassten Großdenkmals entspringt einer sinnstiftenden Nutzungsidee, einem über längere Zeit und oft über mehrere Generationen maßgeblich wirkenden Bauherrn oder einer auftrag gebenden Institution und vielfach auch einer räumlich erfahrbaren Einheit zwischen den Einzelteilen.

Darüber hinaus wird die Tradition der Denkmalpflege in den letzten hundert Jahren auch durch die Festlegung von denkmalwerten städtebaulichen Gesamtanlagen geprägt. Der signifikante Unterschied zu den Flächendenkmalen liegt in der Mitwirkung einer Vielzahl von Bauherrn, die in einen ordnenden Gesamtrahmen eingebunden sind. Dieser Gesamtrahmen kann sehr unterschiedlich definiert sein, durch Bebauungspläne, gestaltende Bauvorschriften, auch durch ungeschriebene Baukonventionen oder durch eine den Zusammenhang begründende Großanlage, wie beispielsweise eine Hafenbecken. Strukturelemente wie Stadtgrundriss, Parzellengliederung und Stadtsilhouette können sich als denkmalwert erweisen und werden in den Ensembleschutz einbezogen.

Industriegeschichtliche Solitäre
Entstehung und Entwicklung der Industriedenkmalpflege war über viele Jahrzehnte hinweg ein zuweilen mühsamer Kampf um eine gleichberechtigte Einordnung dieser Spezialaufgabe in Inventarisation und Denkmalpflege. Auch als in der fachlichen Diskussion und in den gesetzlichen Begriffsdefinitionen sich längst der Begriff des Geschichtsdenkmals zur Kennzeichnung der schützendwerten Objektwelt durchgesetzt hatte, gab es weiterhin Legitimationsprobleme.

Es ist daher auch wenig verwunderlich, wenn die Denkmalerkennung im Bereich der Industrie- und Technikobjekte sich in der Vergangenheit vielfach nur zaghaft an den symbolträchtigen oder dominanten Solitären der Industriegeschichte orientierte. Diese Verhaltensweise wurde aus zwei Quellen gespeist. Seit mehr als einem Jahrhundert hat die Technikgeschichte, aus der auch die Industriedenkmalpflege sich teilweise ableitet, immer wieder Einzelelemente aus ihren Zusammenhängen herausgelöst und standbildartig im öffentlichen Raum dargestellt. Herausragende Beispiele der Technikgeschichte, wie beispielsweise die erste Dampfmaschine nach Watt’schem  Prinzip im anhaltischen Hettstett oder  der Verbrennungsmotor von Nikolaus August Otto an dem nach ihm benannten Vorplatz des Deutzer Bahnhofs in Köln wurden so in einer zwar nicht musealen Atmosphäre aber durchaus mit dem musealem Prinzip der De-Kontextualisierung der Öffentlichkeit präsentiert. Viele Folgeobjekt belegen die weite Verbreitung dieser Überlieferungsart: die fragmentarisierten Objekte finden sich vor den Werkstoren, in Fußgängerzonen, auf Kinderspielplätzen (besonders Eisenbahnlokomotiven), in Grünanlagen und als Blickpunkt auf Verkehrsinseln. In den Montanrevieren gibt es eine Vielzahl blumenverzierter Förderwagen des Bergbaus in den Vorgärten der Siedlungen. Die Problematik dieser Überlieferungsart ist offensichtlich: diese Objekte haben nach wie vor einen symbolhaften Wert, können auch eine zur Auseinandersetzung mit dem Objekt motivierende Aura entfalten und sind insofern den reinen Gedenk- oder Informationstafeln überlegen. Der Informations- und Erkenntnisgehalt dieser Objekte selbst ist allerdings begrenzt und die Einordnung in den historischen Kontext schwierig zumal der authentische Standort aufgegeben wurde.

Einen großen Verdienst bei der allgemein sich durchsetzenden Auffassung über die ästhetischen Qualitäten von Technik- und Industrieobjekten hatten und haben die sich mit diesem Thema auseinandersetzenden Fotografen. Alfred Renger-Patsch, Anton Meinholz, Ruth Hallensleben, Hugo Schmölz, Werner Mantz und andere haben seit den 1920er Jahren die von der Klassischen Moderne erkannte Schönheit des Industriebaus und der Ingenieurkonstruktion in Bilder umgesetzt. Bernd und Hilla Becher und viele ihrer Schüler haben dieses Werk sinnvoll seit den 1960er Jahren fortgesetzt und damit einen wesentlichen Beitrag zum Wandel der damals noch ausschließlich konservativ-ablehnenden Wahrnehmung dieser Objektwelt geleistet. Der zentralperspektivische Blick des Fotoobjektives erfordert allerdings auch hier eine Auswahlentscheidung auf Ausschnitte aus der Wirklichkeit. Gerade die typologischen Arbeiten der Bechers zu den Fördergerüste, Hochöfen, Gasbehälter, Wassertürme usw. haben eine beschränkt-selektive Wahrnehmung der Industriegeschichte noch verstärkt.  Auch dabei wurde selbstverständlich der Blick des Betrachters für das Detail und das Bewusstsein für die Ästhetik dieser Objektwelt geschärft. Gefördert wurde aber auch eine auf Isolierung des meist dominant im Stadt- oder Landschaftsbild wirkenden Einzelobjekts und eine spezifische Sichtweise, eine Fixierung aller an den Erhaltungsbemühungen beteiligten Personen und Institutionen auf  den industriegeschichtlichen Solitär.

Wie problematisch das ist zeigt ein Blick auf die Erhaltungs- und Nutzungsgeschichte der Zeche Carl in Essen mit einem der wenigen erhaltenen Malkowtürmen des Ruhrgebiets. Der Malakowturm in Essen von 1856 gehört der ersten Generation dieser Fördereinrichtung an. Die Türme waren in dieser Zeit zwischen 1840 und 1870 noch vergleichsweise gedrungen und sie waren eingebunden in einen Komplex von direkt an den Turm anschließenden Flügelbauten für Fördermaschine, Wasserhaltungsmaschine, Kesselhaus und Sozialräume. Erst nach 1870 wurden die Türme aus Gründen einer entwickelten Sicherheits-, Verarbeitungs- und Verladetechnik höher gebaut und die zugehörigen Funktionen wurden im Abstand zum Turm in separaten Gebäuden untergebracht.

Für die Zeche Carl war in der Literatur die Funktionsweise des Malakowturms sehr gut überliefert. Der Turm erhebt sich über dem Schacht und umhüllt das Führungsgerüst für die in den Schacht ein- und ausfahrenden Förderwagen und Bergleute. Der Seilzug erfolgt über die Seilscheiben im Kopf des Gerüstes. Die Förderseile werden mittels der Seilscheiben umgelenkt auf die Trommeln der Fördermaschinen. Es gab zwei dieser dampfgetriebenen Fördermaschinen: eine im linken Seitenflügel, die andere in einem rückwärtigen Flügel. Die Pumpen der Wasserhaltung wurden von einer riesigen Balancier-Dampfmaschine im rechten Seitenflügel angetrieben. Der Balancierbalken lag auf einer besonders kräftig ausgebildeten Trennwand zwischen Turm und Seitenflügel auf. Die im Plan dargestellte maschinelle Erstausstattung war nicht erhalten geblieben. Auch die rückwärtigen Flügel für die zweite Fördermaschine, das Kesselhaus und die Kaue waren verschwunden. Aber in der Architektur mit dem mittig gelegenen Turm und den beiden Seitenflügeln vermittelte die Anlage noch einen wesentlichen Eindruck von der Funktionsweise eines Bergwerks der 1850er Jahre.

Im Diskussionsprozess um eine Nutzung des Denkmals gab es auch die Idee für die Einrichtung eines Energiemuseums. Aus den im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs eingereichten Entwürfen ist besonders die von dem österreichischen Stararchitekten Hans Hollein vorgelegte Lösung aufschlussreich für das Fehlverständnis des Industriedenkmals. Hollein beschränkte sich allein auf die Erhaltung des Turmes und machte den Vorschlag die Seitenflügel, wie auch verschiedene andere Gebäude auf dem Gelände abzureißen. Die Folgen für Substanz und Vermittlung des Denkmals wären fatal gewesen. Die noch beachtlichen Reste der Folgeausstattung in den Gebäudeflügeln hätten kaum erhalten werden können. Schlagartig wurde auch die Fragwürdigkeit der oft noch an Fragmenten orientierten Erhaltungspraxis der Industriedenkmalpflege deutlich. Und über den technisch-maschinellen Kontext hinaus müssen auch die sozialen Bezüge einer solchen Anlage beachtet werden mit den auf dem Gelände der Zeche Carl noch erhaltenen Bauten für Verwaltung, Wasch- und Umkleideeinrichtungen. Die Zeche Carl konnte mit fast allen überlieferten Bauten in die Denkmalliste eingetragen und erhalten werden.

Vom Technischen Denkmal zum Industriedenkmal
Der genaue Zeitpunkt für einen Übergang vom Relikteschutz zur vollständigen Erhaltung industriegeschichtlicher Anlagen ist schwer zu bestimmen. Eine Ausnahme in Deutschland ist sicher die Luisenhütte in Balve-Woklum oder die Silbergrube Alte Elisabeth im sächsischen Freiberg, deren ganzheitliche Überlieferung auf Bemühungen in den 1930er Jahren zurückgehen. Die Regel sah so aus wie in Bendorf-Sayn. Schon seit den 1920er Jahren wird die Sayner Hütte zwar als denkmalwert eingestuft wurde. Die Wertschätzung resultierte aber vor allem aus der beeindruckenden Gusseisenhalle, an deren Gestaltung möglicherweise Karl Friedrich Schinkel beteiligt war. Im Vordergrund stand die architekturgeschichtliche Betrachtung. Für die Hütte als Gesamtanlage fehlte das Verständnis. Auch für die Zeche Zollern 2 / 4 in Dortmund – einem Ausgangspunkt der modernen Industriedenkmalpflege – galt anfangs 1969 das Interesse vor allem wegen der unter Mitwirkung von Bruno Möhring gestalteten Maschinenhalle. Erst später wurden auch die Zechenbauten des Historismus in die Erhaltungsbemühungen einbezogen und als die Zeche zum Standort des Westfälischen Industriemuseums wurde gab es sogar erhebliche Anstrengungen zur  weiteren Komplettierung der Zeche um die beiden Fördergerüste und der wie einem Modelleisenbahn-Baukasten entsprungen zu scheinenden translozierten Schachthalle mit Separation.

Die wichtigen Diskussionen um ganzheitliche Erhaltungskonzepte in der Industriedenkmalpflege wurden Mitte der 1980er Jahre geführt. Es ging nahezu gleichzeitig um die Frage ob und wenn ja in welchem Umfang die Zeche Zollverein in Essen, das Bergwerk Rammelsberg im Harz und die Völklinger Hütte im Saarland in die Denkmallisten eingetragen und erhalten werden können. Die zuweilen heftig geführte Kontroverse im Saarland zeigte noch einmal den Gegensatz zwischen dem traditionellen Erhaltungsverständnis und der sich nun durchsetzenden Zukunftsperspektive. Geboren aus den Befürchtungen um die finanziellen und städtebaulichen Probleme einer umfassenden Erhaltung war  der aus einem traditionellen Erhaltungsverständnis entwickelte Vorschlag zu verstehen, exemplarisch von der Stumm-Hütte nur einen Hochofen in Neunkirchen zu erhalten. Als Alternative galt die Vision einer vollständigen Erhaltung der Hüttenanlage in Völklingen mit allen sechs Hochöfen, der Kokerei und allen zugehörigen Funktionsteilen. Glücklicherweise waren im Saarland beide Positionen erfolgreich. In Neunkirchen konnten sogar zwei Hochöfen einschließlich einiger weiterer Bauten aus dem Hüttenkomplex erhalten bleiben. In Völklingen wurde der Gesamtkomplex in die Denkmalliste eingetragen und errang Welterbestatus.

Ähnlich waren die Ergebnisse in Goslar und Essen. Entgegen den Befürchtungen, ob es für solche Großanlagen eine sinnvolle Einbindung in die Gegenwart und Zukunft der Stadt geben kann, ob die ungeheuren Baumassen der Zeche Zollverein sinnvoll genutzt werden können und ob diese doch sehr anfälligen Konstruktionen technisch und finanziell in einem tragbaren Rahmen gehalten werden können erfolgten die Unterschutzstellungen und die Anerkennung – zuletzt in Essen – dieser Anlagen als Weltkulturerbestätten. Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang auch die etwa in der gleichen Zeit erfolgte Eintragung von großen Teilen der Siemensstadt in Berlin in die Denkmalliste erwähnt.

Es war dies eine Zeit in der man für diese Art von Denkmalpflege auch einen neuen Namen finden musste. Mit dem Begriff des Technischen Denkmals konnte man diese Objekte nicht mehr angemessen bezeichnen. Es war nahe liegend auch im Hinblick auf die im englischsprachigen Ausland gebräuchliche Terminologie (industrial monument) auch in Deutschland auf den Begriff des Industriedenkmals zu wechseln und die darauf bezogenen Erhaltungsbemühungen als Industriedenkmalpflege zu begreifen.

Kontinuität industrieller Nutzungen als erfolgreiche Erhaltungsgrundlage
Nach einer in der Öffentlichkeit weit verbreiteten Fehldeutung zur Industriedenkmalpflege beginnt diese erst nach Ablauf der industriellen Nutzung und den dann in der Regel erheblichen Anstrengungen zur Unterschutzstellung und den Überlegungen, Planungen und Finanzierungsbestrebungen zur Erhaltung der baulichen und technischen Relikte. Schon in der Liste der im vorauf gegangenen Abschnitt genannten Objekte ist jedoch mit der Siemensstadt eine derzeit und hoffentlich auch in der Zukunft industriell genutzte Großanlage genannt. Auch im Rheinland gibt es einige Objekte dieser Art, von denen einige vorgestellt seien.

In Größe und historischer Bedeutung mit der Siemensstadt vergleichbar ist das Bayerwerk Leverkusen. Aus der 1863/64 an diesem Standort erbauten Ultramarinfabrik von Carl Friedrich Wilhelm  Leverkus  wurde nach Ankauf durch die aus Wuppertal stammende Firma Friedrich Bayer seit 1891 eine der größten Chemiefabriken der Welt. Das Gesamtkonzept entwickelte 1895 der spätere Generaldirektor Carl Duisberg. In mehrfacher Hinsicht war der Plan von Duisberg eine der bedeutendsten Industrieplanungen in Deutschland, deren Grundzüge über mehrere Jahrzehnte galten  und bis heute wirksam sind. Die Architektur der Chemiebauten variierte stark. Von der Vorgängerfabrik des Ultramarinfabrikanten Leverkus sind keine Bauten überliefert und aus der noch stark von Carl Duisberg geprägten Anfangszeit gibt es nur stark veränderte Fragmente. Angestrebt wurde ein Erhaltungskonzept, mit dem sowohl die Repräsentationsbauten an den Werksgrenzen, wie auch Produktionsbauten im Inneren der Anlage erhalten werden können. Unproblematisch für das Unternehmen waren die Bauten am Werksrand, zu denen neben der Hauptverwaltung und dem opulenten Torbau für den Pförtner 1 auch die von Emil Fahrenkamp geschaffene Tablettenfabrik und die ehemalige Pharma-Hauptverwaltung der IG Farben gehören. Vorbehalte gab es gegen die Eintragung der Bauten im Inneren des Werksgeländes. Eingetragen wurden das vermutlich von Hans Hertlein geschaffene Kraftwerk und die Lehrlings- und Fortbildungsschule. Alle anderen als denkmalwert erkannten Bauten sind Denkmäler in Wartestellung. Über den Umgang mit diesen Bauten gibt es zwischen der Stadt Leverkusen und der Fa. Bayer einen Vertrag, der einen denkmaladäquaten Umgang mit diesen Objekten vorsieht. Auf eine förmliche Eintragung in die Denkmalliste wurde verzichtet, um einem jahrelangen Rechtsstreit aus dem Wege zu gehen.

Die denkmalgerechte Erhaltung der Gebäude auf dem Gelände des Bayerwerks ist problematisch, weil das weltweit operierende Unternehmen häufig Produktionsbereiche auslagert und die funktionslos gewordenen Altbauten zeitnah nach Stilllegung abbrechen möchte, um die Flächen dann eigenen Abteilungen oder auch Fremdfirmen zur Verfügung stellen zu können. Diese Fremdfirmen sind heute bereits ein wesentlicher Faktor für die rentierliche Nutzung des Firmengeländes. Mit dem Kompromiss zur Teileintragung von Gebäuden des Bayerwerks Leverkusen in die Denkmalliste und dem Zusatzvertrag könnte der Prozess der Neu- und Umnutzung von Flächen so gesteuert werden, dass die als denkmalwert erkannten Objekte erhalten bleiben und in die unvermeidliche Umstrukturierung einbezogen werden.

Es stellt sich an dieser Stelle sicher die Frage, wie sinnvoll das ganze Verfahren ist und ob die Denkmalpflege hier nicht unnötig rechtliche Positionen aufgibt. Eine Antwort auf diese Frage bietet das Unterschutzstellungsverfahren für die Firma Henkel in Düsseldorf und der darauf folgende Abbruch der Seifen- und Sodafabrik. Nach Gründung der Fa. Henkel & Cie 1876 in Aachen und ersten Ansiedlungsversuchen in Düsseldorf-Flingern 1878 und 1880 an der Gerresheimer Straße entstand seit 1899 in Düsseldorf-Holthausen das Großwerk mit seinen weltweit bekannten Produkten. Besonders die Markteinführung von Persil 1907 förderte das Werkswachstum. Verantwortlich für die Werksarchitektur war über mehrere Jahrzehnte als eine Art Werksarchitekt Walter Furthmann. Furthmann betrieb neben seinen Aufgaben für Henkel weiterhin auch ein privates Büro. Die von ihm geschaffene Hauptverwaltung (1923-30) wurde häufig auch in der Literatur dargestellt. In den Komplex der Hauptverwaltung gehört auch der Gesolei-Saal, eine 1926 für die Düsseldorfer Gesolei-Ausstellung erbaute und 1927 auf das Werksgelände umgesetzte Ausstellungshalle.

Nach einer Inventarisation des Werksgeländes wurde zusätzlich eine von Furthmann geschaffene Seifen- und Sodafabrik von 1913/14 in den Umfang der denkmalwerten Henkel-Bauten aufgenommen und in die Denkmalliste eingetragen. Die Herstellung von Kernseife war eine Voraussetzung für die Produktion des Erfolgs-Waschpulvers Persil. Insofern war der mächtige Backsteinbau auch industriegeschichtlich bedeutend. Leider war das auf einer Grundfläche von etwa 60x60 Meter errichtete Gebäude der weiteren Werksentwicklung und vor allem der Erschließung des dahinter sich erstreckenden Werksgeländes im Wege. Zur Erhaltung des Gebäudes gab es mehrere Gespräche zwischen den Denkmalbehörden und dem Unternehmen. Letztlich war auch die Oberste Denkmalbehörde beteiligt. Es gab keine förmliche Entscheidung im Rahmen des gesetzlich geregelten Dissenzverfahrens. Aber die Oberste Denkmalbehörde stellte schriftlich klar, dass die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens und die damit verbundene Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen ein den Denkmalschutz überwiegendes öffentliches Interesse darstelle. Eine Erhaltung der Seifen- und Sodafabrik war auf dieser Grundlage nicht möglich.

Der Fall Henkel zeigt die Grenzen, in denen die Industriedenkmalpflege sich bewegen muss sobald es um noch produzierende Werksanlagen geht. Die privatrechtliche Vereinbarung mit der Fa. Bayer reflektiert insofern die Realität. Produktionsbauten werden sich gegen die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen nicht erhalten lassen.

Wenn man diese Rahmenbedingung als gegeben akzeptiert, sind allerdings die weitergehenden Erfahrungen mit produzierenden Betrieben als positiv einzustufen.  Als Beispiel soll zunächst die Fa. Ford in Köln genannt werden. Die 1903 gegründete Ford Motor Company hatte 1925 in einer Halle des Berliner Westhafens (die Halle ist erhalten und steht als Teil des Hafens unter Denkmalschutz) eine erste Automontage in Deutschland errichtet. Konrad Adenauer gelang es, das Unternehmen zur Ansiedlung in Köln zu bewegen. Zur Grundsteinlegung im Oktober 1930 kam Henry Ford persönlich nach Köln. Das Kernwerk mit Erweiterungsbauten von 1936 entstand direkt am Rhein und wurde von Edmund Körner entworfen. Am 1. Mai 1931 wurde die Produktion aufgenommen. Dem Antrag auf Eintragung in die Denkmalliste begegnete das Unternehmen außerordentlich offen und flexibel. Die Aufnahme in die Denkmalliste wurde sogar öffentlichkeitswirksam als Presseaktion gestaltet. Probleme mit der Erhaltung der Gebäude gibt es bis heute nicht. Die großflächigen Hallen werden weiterhin für Produktions- und Lagerzwecke genutzt. Es gibt keinen Grund für innenraum-verändernde Einbauten oder neue Innenwände und die Anforderungen an die Qualität der Außenwände hinsichtlich der Wärmedämmung sind traditionell im Industriebau so gering, dass entstellende Veränderungen nicht zu befürchten sind. Zeitweise im Gespräch war die Umwandlung des Kesselhauses für Bürozwecke. Auch dies wäre unproblematisch möglich gewesen, zumal es erhaltenswerte Innenausstattung nicht mehr gab. Die Planung wird jedoch nicht weiter verfolgt.

Dieser vergleichsweise geringe Anspruch der Industriebetriebe an den Ausbaustandard und der regelmäßig großflächige Nutzungsanspruch an die Gebäude vor allem an die dafür auch ursprünglich konzipierten Hallen macht die Beibehaltung oder Wiederherstellung der gewerblich/industrielle Nutzung eines Industriedenkmals auch für die Denkmalpflege attraktiv. Das soll abschließend ein vergleichsweise kleines Flächendenkmal zeigen: die Tuchfabrik Neuwerk in Aachen. Die komplexe Entwicklungsgeschichte verweist auch auf die reiche industriegeschichtliche Vergangenheit Aachens. Die Ursprünge dieses Produktionsortes mit  zwei dicht benachbarten Mühlen (später: Untere und Obere Papiermühle) reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Beide Anlagen wurden im frühen 19. Jahrhundert zu wasserrad-getriebenen Spinnereien ausgebaut. Die heute noch dominanten Backsteinbauten auf dem Werksgelände entstanden in den 1860er Jahren. Mit der Entwicklung des Frankenberger Viertels wurde das Werk Bestandteil dieses gründerzeitlichen Wohnquartiers und mit einer blockartigen Randbebauung eingefasst.  Erst 1908 erfolgte der Ausbau zur Tuchfabrik mit Spinnerei und Weberei und in den 1920er Jahren taucht erstmals der Name Neuwerk für das Unternehmen auf. 1963 wurde die Tuchproduktion eingestellt. In den Gebäuden wurden anschließend zunächst Kindermoden hergestellt. Seit 1974 wird hier eine anspruchsvolle Kollektion für die Damenoberbekleidung geschneidert. Der neue Eigentümer verhielt sich bei der Wiederherstellung und dem teilweise notwendigen Umbau gegenüber den 1983 in die Denkmalliste eingetragenen Gebäuden sehr sensibel. Die Fassaden wurden gereinigt und anstelle der uneinheitlichen Stahlsprossenfenster wurden nach erhaltenen Beispielfenstern mehr als 100 neue Gusseisenfenster angefertigt und eingebaut. Die alten Werksbauten wurden weiterhin für die Produktion genutzt, so dass die Fenster nur mit Einfachverglasung ausgestattet wurden. Für die kleinteilige Gliederung von Geschossen entstand ein Raumzellensystem, das durch Verwendung von viel Glas sehr gut den ursprünglichen Raumcharakter der durchgängigen Fabriksäle berücksichtigt. Hier ist in Aachen die beispielgebende Sanierung eines Industriedenkmals gelungen.
 
Industriemuseen
Nach Stilllegung einer als denkmalwert erkannten Industrie- oder Zechenanlage lautet oft der erste Gedanke vieler wohlwollender Beteiligter, dass eine Erhaltung nur als Museum möglich sei, wobei das Denkmal selbst das einzige oder doch das wichtigste Exponat des Museums sein soll. Aus der Geschichte der Denkmalpflege sind zahlreiche realisierte Fälle dieser Art bekannt. Auch Objekte der Industriegeschichte wurden auf diesem Weg schon vor dem Zweiten Weltkrieg erhalten. Das beste Beispiel dieser Art ist die bereits erwähnte Luisenhütte in Balve-Wocklum. Ihre Erhaltung gelang in den 1930er/40er Jahren im Zusammenspiel zwischen dem Verein Deutscher Ingenieure, dem Verein Deutscher Eisenhüttenleute und dem Kreis Arnsberg. Unbeeinträchtigt von anderslautenden Nutzungsvorstellungen, kann ein solches Denkmal weitgehend unverfälscht und vor allem unter Erhaltung der Ausstattung in optimaler Weise seine Dokumentationskraft für den Besucher entfalten. Allerdings stellt auch das Museum eine Art der Umnutzung dar, mit baulichen Maßnahmen für die Sicherheit und Bequemlichkeit der Besucher sowie zur Attraktivitätssteigerung mit denkmalpflegerisch durchaus auch problematischen Rekonstruktions- oder Ergänzungsmaßnahmen.

lageplan
Luisenhütte in Wocklum. Lageplan 1933 mit dem damals noch vollständigen Gebäudebestand

Ein ökonomisch verwertbarer Nutzeffekt ergibt sich durch die Industriemuseen aber nur aus dem Tourismus oder als ein Beitrag zur weichen Infrastruktur und damit zur indirekten Standort- und Wirtschaftsförderung. Das zeigt auch die Grenzen dieses Erhaltungsansatzes auf. Wenn das auf diese Weise erhaltene Objekt nicht wenigstens indirekt einen wesentlichen Beitrag zum Tourismus oder zumindest zur örtlichen und regionalen Kulturpolitik mit entsprechenden Besucherzahlen leisten kann, wird es auf Dauer eine Belastung für die öffentlichen Haushalte. Privates Engagement zur musealen Erhaltung von Industriedenkmalen gibt es in Deutschland kaum.

Den beiden dezentralen Industriemuseen im Rheinland und Westfalen, 1979 und 1984 gegründet lag die Idee zur Rettung von wichtigen Industriedenkmälern in Form räumlich ausgedehnter Museen zu Grunde. Es ging dabei auch um einige Objekte, die im Sinne dieser Darstellung als Flächendenkmäler zu verstehen sind. Industriegeschichtlich besonders herauszuheben sind die Zeche Zollern 2 / 4 in Dortmund, die Henrichenhütte in Hattingen und im Rheinland die Spinnerei Cromford bei Ratingen. Da es vom Museumskonzept her immer auch um eine ganzheitliche Erhaltung der Anlagen ging, sind nach den abgeschlossenen Aufbau- und ersten Konsolidierungsphasen auch im Rheinland eine beeindruckende Zahl von weitgehend komplett erhaltenen Industrieanlagen im Rahmen dieses Museumskonzepts erhalten: die Gesenkschmiede Hendrichs in Solingen, die Tuchfabrik Müller in Euskirchen-Kuchenheim, die Papierfabrik Alte Dombach in Bergisch-Gladbach, die Tuchfabrik Ermen & Engels in Engelskirchen und als Zentrale die Zinkhütte Altenberg in Oberhausen verbunden mit den Zentrallager der Gutehoffnungshütte als Museumsdepot. Neben dem Effekt ganzheitlicher Erhaltung der Anlagen ist es durch die Museen gelungen auch die teilweise beachtliche Ausstattung an Ort und Stelle zu konservieren und durch Dokumentation und Bauforschung die Objekte in ihrer Quellenfunktion für die Industriegeschichte zu nutzen.

Die Hoffnung allerdings, die Museen könnten eine weitgehende oder gar vollständige Dokumentation der Industriegeschichte von Nordrhein-Westfalen liefern geht nicht auf. Es fehlen im Kleinkosmos der Museumsstandorte nicht nur ganze Branchen wie etwa die gerade für das Rheinland so wichtige chemische Industrie, sondern es sind auch ganze Industrielandschaften wie das industrielle Köln, das rheinische Braunkohlerevier, die Eifeler Montanindustrie, die Aachener Tuchindustrie oder das niederheinische Textilgebiet um Mönchengladbach nicht in das Museumskonzept integriert. Eine vollständige Überlieferung der Industriegeschichte kann es daher im Rheinland, wie auch in anderen Regionen nur durch eine sinnvolle Ergänzung von Industriemuseen und Industriedenkmalpflege geben. Gerade die in diesem Text angesprochenen Großanlagen der Industrie werden sich zudem in der Addition nicht mit dem finanzielle aufwändigen Museumskonzept erhalten lassen. Die museale Erhaltung von Industriedenkmälern ist die auch für die Denkmalpflege willkommene Ausnahme bei den Erhaltungsbemühungen. Der denkmalpflegerische Alltag wird sich auf die im folgenden beschriebenen Fallgruppen konzentrieren müssen. 

Gewerbehöfe und Kultureinrichtungen als Spontan- und Zwischennutzungen
Die Aufgabe von industriellen Nutzungen oder Standorten durch Veränderung von Standortbewertungen, durch technische Entwicklungen, die sich an den alten Standorten nicht mehr realisieren lassen oder durch Strukturwandel mit einer Stilllegung ganzer oder weiter Teile einer Branche ist ein Vorgang, der sich bereits über Jahrzehnte verfolgen lässt. Vorgänge dieser Art sind typisch für fast alle Phasen der Industrialisierung. Beispiele finden sich also auch schon im 19. Jahrhundert. Der Abbruch der aus den genannten Gründen funktionslos gewordenen Werks- und Industriebauten war immer nur eine Möglichkeit. Überraschend häufig ergaben sich neue Nutzungen, ohne dass der industriegeschichtliche Wert der Anlage erkannt war oder gar die Denkmalpflege ein Erhaltungsinteresse formuliert bzw. eine Eintragung in die Denkmalliste durchgeführt hatte. Auf die zu Wohnzwecke umgeformten kleineren Bauten der Industriegeschichte soll hier nicht weiter eingegangen werden. Auch davon gibt es besonders in den ländlichen Gebieten eine große Zahl von Beispielen. Interessant ist die geradezu naturwüchsige Integration von gewerblichen und kulturellen Nutzungen in größere Industrieanlagen.

Die Firma Siegel & Co., später Sidol wurde 1903 in Köln gegründet, prosperierte mit der Herstellung von Reinigungs- und Putzmitteln und wechselte 1911 den Standort auf ein verkehrsgünstig mit Eisenbahnanschluss ausgestattetes Grundstück in Köln-Braunsfeld. Als die alten Produktionsräume nicht mehr ausreichten, entstand 1926/27 nach Plänen von Otto Müller-Jena ein anspruchsvoller Neubau in den Formen der Bauhausarchitektur. Diese im Industriebau vergleichsweise seltene weiße Putzarchitektur wurde nach dem Krieg in einer eindrucksvollen Straßenrandbebauung mit einer zeittypischen Ausbildung des Werkseingangs fortgeführt. Nach einer Fusion mit den Thompson-Werken übernahm die Firma Henkel 1971 die Anlage und verlagerte in den 1980er Jahren die Produktion nach Düsseldorf. Zurückgehend auf eine Initiative von Gabriele Henkel wurden anschließend das Fabrikgebäude durch einfache Zwischenwände in Büros und Werkstätten, vor allem aber in Ateliers und Galerien aufgeteilt. Die Anlage erfreute sich großer Beliebtheit bei Kleinunternehmen und einer großen Anzahl von dort sich niederlassenden Künstlern. Die Sidol-Werke waren ein Beispiel dafür, wie mit wenig Aufwand eine historische Fabrikanlage sinnvoll genutzt werden kann. Leider sind die Räume heute entmietet, weil ein großspurig auftretender Investor das Gelände neu bebauen will. Auch dies ist leider eine Entwicklung, die sich häufig bei derart genutzten Anlagen einstellt und die Erhaltung der denkmalwerten Gebäude bedroht.

Wie verbreitet jedoch die Umwandlung ehemaliger Industriebetriebe in Gewerbehöfe ist, zeigt eine Untersuchung für das ganze Industrie- und Gewerbegebiet Braunsfeld/Müngersdorf/Ehrenfeld. Vielfach sind in diese Höfe auch kulturelle Nutzungen eingelagert: Es haben sich in diesem Gebiet zwei Theatergruppen, eine davon mit Schauspielschule, mehrere Veranstaltungsstätten mit Musikbetrieb und Gastronomie, religiöse Gemeinschaften und ein privat getragenes Museum angesiedelt. Nur die wenigsten dieser Gewerbe- und Kulturhöfe sind denkmalwert. Es zeigt sich hier jedoch eine bemerkenswerte Tendenz, die auch der Industriedenkmalpflege nützen kann.  

Der Grund für diese Vorgänge liegt auf der Hand: es gibt eine Reihe von Kleinunternehmen und Nutzungsinteressenten, die aus finanziellen Gründen auf die Anfangsinvestition eines Neubaus verzichten müssen und zumindest zeitweise, teilweise aber auch auf Dauer auf die Anmietung oder günstigen Ankauf eines Altbaus angewiesen sind. Diese Voraussetzung trifft für viele Kleinfirmen aus dem handwerklichen Sektor zur. Dazu kommen aber auch frisch-gegründete Firmen aus dem Sektor der Zukunftsbranchen. Es erweist sich in diesem Zusammenhang als fraglich, diese Nutzungen als vergängliche Zwischennutzungen zu betrachten. Die Dynamik des Strukturwandels und seine Unterstützung durch Planung und öffentliche Geldmittel führt zu einer systematischen Vernichtung von günstigen Mietobjekten, die sowohl für Existenzgründungen, Kleinfirmen und Kultureinrichtungen eine wichtige Existenzgrundlage bilden. Die heute mit viel Aufwand neu geschaffenen Technologie- und Gründerzentren haben eine schon historische Parallele in den mit einfachen Mitteln für diese Zwecke aufgeteilten und umgebauten Industriekomplexe. Es ist fraglich, ob sie deren Funktion vollwertig übernehmen können.  

Das gleiche gilt für eine Vielzahl kultureller Einrichtungen. Es geht dabei in der Regel um noch nicht etablierte und um ihre Anerkennung noch ringenden Institutionen, Gruppen oder auch Einzelpersonen. Zudem gibt es eine Anzahl kultureller Einrichtungen für Randgruppen, Jugendliche und Alte wie auch für soziale Aufgaben in den Stadtteilen ohne ausreichenden finanziellen Hintergrund oder Berücksichtigung in den öffentlichen Haushalten. Industriebauten mit ihrem großzügigen Raumangebot boten und bieten eine begehrte Möglichkeit zur Realisierung dieser Nutzungsvorstellungen und zwar nicht selten in einer sehr lebendigen Mischung von Gewerbe-, Kultur- und loftartiger Wohnnutzung.

Um diese Art der Erhaltung industrieller Großanlagen von den Beispielen im folgenden Abschnitt abzugrenzen, soll dafür der Begriff Spontan- oder Zwischennutzung verwendet werden. Es ist in der Regel ein Vorgang, an dem Behörden gar nicht oder nur am Rande beteiligt sind. Teilweise sind auf den Anlagen Eigentümer oder Projektentwickler für die Vermarktung der Flächen tätig. Typisch sind die Abwesenheit von Planungs- oder Nutzungskonzepten und die offene Reaktion des Eigentümers oder Verwerters auf Nutzeranfragen jeder Art. Zugleich wird nur wenig Geld für Umbau- oder Instandsetzungsarbeiten aufgewendet. Zuweilen wird die Verwendung der Gebäude und der Gelände als Zwischenlösung auf eine spätere, aufwändige Entwicklung verstanden.

Aus denkmalpflegerischer Sicht sind die Spontan- und Zwischennutzungen zumeist akzeptabel, da wegen des nur geringen Geldeinsatzes auch nur wenig verändert und der vorgefundene Zustand weitgehend akzeptiert wird. Allerdings fehlt bei diesen Objekten auch das Kapital für notwendige Instandsetzungsmaßnahmen. Gerade durch Feuchtigkeitsschäden kommt es dabei zum Verlust oder zur gravierenden Schädigung von historischer Substanz.

Anspruchsvolle Umnutzungen mittelgroßer Industrieanlagen
Weit über die Spontan- und Zwischennutzungen hinausgehend, aber im Ergebnis vielfach mit stark vergleichbaren Nutzungsarten sind in den vergangenen beiden Jahrzehnten auch Anlagen mit größerem Kapitalaufwand zuweilen gestalterisch anspruchsvoll umgebaut worden. Grundlage war ein zeitgeistiger Trendwandel in der Kultur und in bestimmten Branchen der Wirtschaft und zumindest sektoral auch in der Öffentlichkeit. Beteiligt waren und sind auch kapitalkräftige Firmen von allerdings meist geringer Größe z. B. aus den Bereichen Informationstechnik, Medien, Planung, Design und anderen Kreativbranchen, mittelständische Büros aller Art und Verkaufsgeschäfte für Trendartikel. Gesucht wurde die rauhe Atmosphäre der als chic geltenden Industriebauten. Aufgegeben wurden dafür teilweise die als steril empfundenen Büro- oder Gewerbebauten der letzten Jahrzehnte. Exakt untersucht wurde dieser Vorgang durch ein Unternehmen der Immobilienbranche in Hamburg. Vergleichbare Tendenzen gibt es in allen Städte, teilweise auch im Umland dieser Städte mit dem entsprechenden Personenkreis, der entweder selbst diesen Trend vorantreiben will oder zumindest im folgen möchte. Auch die Idee der Gründerzentren ist an einigen Orten in historischen Industrieanlagen realisiert worden. Kombiniert wurden die gewerblichen Nutzungen auch mit Funktionen des öffentlichen Lebens und mit Wohnungen. Im Nutzungsmix also durchaus vergleichbar mit der Lebendigkeit der im vorherigen Abschnitt dargestellten Anlagen, besteht der Unterschied im Umfang der Planung und im Einsatz von Kapital beim Umbau der Gebäude. Die Folge war häufig auch ein beträchtlicher Verlust von historischer Substanz und Anschaulichkeit der denkmalwerten Anlagen.

Das wohl bekannteste Beispiel einer solchen Umwandlung ist die Textilfabrik Ermen & Engels in Engelskirchen. Der aus Elberfeld stammende Friedrich Engels gründete die Anlage an der Agger mit seinem Partner Peter Ermen 1837. Die anfangs mit Wasserkraft betriebene Fabrik wurde mehrfach erweitert. 1855 entstand die großzügig erdachte Villa Braunswert und 1866-68 eine neue Spinnerei mit einer Innenkonstruktion aus einem gusseisernen Skelett nach englischem Vorbild. Nach Stilllegung der Fabrik 1979 stand der Abbruch bevor.  Dem Umnutzungskonzept eines jungen Architektenteams, einem engagierten Stadtdirektor und der Investition öffentlicher Mittel ist die weitgehende Erhaltung der Anlage zu verdanken. Bis 1985 wurde eine Mischnutzung realisiert. Das neue Rathaus der Gemeinde Engelskirchen im Spinnereigebäude, Läden, Büros und Wohnungen sowie gastronomische Einrichtungen ergeben eine Art neues Stadtzentrum für das 1975 nach der Gemeindeform stark gewachsene Engelskirchen. In dem historisch wichtigsten Teil der ältesten Gebäudeanlage mit den erhaltenen Einrichtungen der Wassernutzung wurde eine Außenstelle des Rheinischen Industriemuseums integriert. So war es möglich, die Turbinen mit zugehöriger Wasserführung und die Technik der Stromerzeugung nicht nur zu erhalten, sondern auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Preis für die Erhaltung war in anderen Bereichen der Anlage für die Denkmalpflege jedoch hoch. Die für Wohnzwecke stark aufgebrochenen Fassaden der Zwirnerei und die aus Feuerschutzgründen fast vollständige Umhüllung des Gusseisenskeletts in der neuen Spinnerei sind gravierende Veränderungen des Denkmals, die nur mit der damit erwirkten Erhaltung der Gesamtanlage zu begründen sind. Das nahezu gleichzeitig fertig gestellte Beispiel der Ravensberger Spinnerei in Bielefeld zeigt allerdings, dass auch unter dem Umnutzungsaspekt mehr an Substanz und Anschaulichkeit bei einer solchen Textilfabrik erhalten werden kann.

Weitere Beispiele für derart umgenutzte Fabriken im Rheinland sind unter anderem: Herder in Solingen, Vulkan in Köln-Ehrenfeld, Hagen in Köln-Kalk und Krawinkel in Bergneustadt. 

Großflächiger Strukturwandel
Vorrangig auf ehemaligen Verkehrsflächen, besonders Hafenanlagen hat es in den vergangenen Jahrzehnten einige Beispiele für umfassende städtebauliche Neuorientierungen gegeben. Bemerkenswert ist dabei der Umgang mit den denkmalwerten und den übrigen historischen Bauten und Anlagen auf dem jeweiligen Gelände.

Nur Relikte blieben von dem ehemals größten Kölner Güterbahnhof Gereon.
Der Güterbahnhof war ab 1881 für den Vieh- und Güterverkehr mit großen Hallen ausgestattet worden. Gleisanlagen, Ladestraßen, Drehscheiben und Stellwerke prägten das Bild der Anlage. 1985 wurde im Kölner Stadtplanungsamt die Idee für einen MediaPark geboren und nach einem Wettbewerb der Entwurf des deutsch-kanadischen Architekten Eberhard Zeidler zur Grundlage der Entwicklung gemacht. Zeidler hatte eine postmoderne Variante des Campo von Siena präsentiert mit halbkreisförmig um einen Platz gruppierten Bürogebäuden und einer anschließenden Wohnschlange mit 250 Wohneinheiten. Zentral in der Anlage entstand ein 148 Meter hohes Hotelgebäude nach Plänen von Jean Nouvel. Der Komplex wurde bis etwa 2005 ausgeführt. Es war das wohl größte Kölner Entwicklungsprojekt der Nachkriegszeit.

Dem so genannten Köln-Turm wurde ein künstlicher See vorgelagert mit ruinenhaft daraus aufsteigenden Gebäuderesten des alten Güterbahnhofs. Nur zwei Gebäude waren als denkmalwert erkannt worden und blieben erhalten: ein Stellwerk aus den 1920er Jahren und das Verwaltungsgebäude. Die verbliebenen Erinnerungsspuren des Güterbahnhofs Gereon sind marginal und vermögen nur noch ansatzweise die Geschichte des Standorts zu vermitteln.

Sehr viel umfassender hatte die Denkmalpflege ihre Erhaltungsvorstellungen zu den Häfen in Köln, Düsseldorf und Duisburg formuliert.

Schon in den 1970er Jahren gab es in Düsseldorf Diskussionen über die Zukunft des citynah gelegenen Hafens. 1976 beschloss der Rat, den Hafen abschnittsweise freizustellen, ein Hafenbecken (Berger Hafen) zu verfüllen und dort einen neuen Stadtteil mit Fernmeldeturm, Landtag, Funkhaus und Jachthafen zu entwickeln. Die Bauten wurden zusammen mit dem Rheinpark Bilk 1982 bis 1990 ausgeführt. Der vorgesehene Umbau des gesamten Hafenterrains für Unternehmen aus der Medienbranche mit qualitätvoller Architektur in Verbindung mit einer Restaurierung von Baudenkmälern führte 1989 zur Einsetzung eines direkt dem Stadtdirektor unterstellten Hafenkoordinators und zur Definition denkmalpflegerischer Erhaltungsvorstellungen. Als denkmalwert erkannt wurde das 1890 bis 1896 erbaute Becken des Zollhafens und mehrere, allerdings räumlich-städtebaulich nicht zusammenhängende Einzelanlagen im Hafen. Innerhalb von 15 Jahren entstand entlang des Hafenbeckens eine dichte und heterogene Neubebauung. Am Südende des Hafenbeckens konnten einige denkmalwerte Bauten integriert werden: die Malzfabrik von Friedrich Küppers, das Hafenkraftwerk und ein Silogebäude der Spedition Paul Lamers. Als städtebauliche Großanlage nach wie vor beeindruckend ist das Hafenbecken. Die Bebauung jedoch ist in ihrer Gestaltung weit entfernt vom ehemaligen Hafencharakter. Als man dies erkannte, beschloss der Rat die Erhaltung von zwei Krananlagen. Diese standen zwar nicht unter Denkmalschutz, sollten aber helfen, den Flair des Hafens zu erhalten. Ob der Strukturwandel im Düsseldorfer Hafen auch für die Denkmalpflege ein Erfolg sein wird, hängt von der Erhaltung von zwei Großkomplexen an den anderen, nicht denkmalwerten Hafenbecken ab: der GEG-Seifenfabrik von 1914 und der Weizenmühle Plange mit dem Silogebäude von 1908 und den Betonsilos von 1929 nach Entwurf von Wach & Roskotten.

Auch der 1892-98 erbaute Rheinauhafen in Köln ist als eine Summe von Einzelobjekten in die Denkmalliste eingetragen und auch hier wurde der Denkmalschutz durch einen Ratsbeschluss zum Funktionswandel des Hafenareals eingeleitet. Wie in Düsseldorf entschied der Rat 1976 eine Aufgabe der Hafennutzung bis zum Jahr 2000 und eine Entwicklung des Hafens zu einem anspruchsvollen urbanen Raum mit Kultur, Freizeit, Wohnen und verträglichem Gewerbe. Ein 1990 bundesweit ausgeschriebener Wettbewerb präzisierte die Nutzungsrelationen: je ein Drittel Wohnen, Freizeit und Kultur, Gewerbe. Eine kommerzielle Allerweltsbebauung wie in den Londoner Docklands sollte ausgeschlossen werden.

Im Vorfeld des Wettbewerbs wurden die Erhaltungsvorstellungen der Denkmalpflege entwickelt. Das Hafenbecken ist mit der Drehbrücke das zentrale Einzeldenkmal der Gesamtanlage.

Mehr als jeder andere Hafen am Niederrhein wäre die Anlage in Köln von ihrem ursprünglichen Baubestand her als ein weitgehend homogenes Gebilde zur Eintragung als ein Einzeldenkmal geeignet gewesen. Die formale Einheitlichkeit resultierte aus den in gleicher Stahlfachwerkarchitektur ausgeführten Lagerschuppen entlang des Hafenbeckens und am Rheinkai. Davon prägnant in Formen und Materialien unterschieden waren die drei Zollgebäude im Zollhof, das preußische Hauptzollamt am Kopf der Hafeneinfahrt, das städtische Hafenamt als südlichem Abschluss des Hafenbeckens, das benachbarte Krafthaus und das nachträglich 1909-10 zugefügte Danziger Lagerhaus. Diese Sonderbauten waren durch regional renomierte Architekten entworfen worden. Die drei Zollgebäude von Berhard Bellow in Tuffstein, das Hauptzollamt von Georg Eberlein, das städtische Hafenamt und Krafthaus von Adam Sesterhenn und das Danziger Lagerhaus von Hans Verbeek. Von den Stahlfachwerkschuppen – dem einheitsstiftendem Element des Hafens – waren nach Kriegszerstörungen aber nur noch einige wenige Exemplare erhalten geblieben. Die genannten, nun in die Denkmalliste eingetragenen Hauptbauten haben als gemeinsame Klammer nur noch das Hafenbecken und die Kaimauer am Rhein mit den zehn ebenfalls denkmalwerten Krananlagen.

Als erste neue, freizeitorientierte Nutzung wurde 1993 das Imhoff-Stollwerk Museum in Betrieb genommen mit einem unmaßstäblich großen Anbau des Düsseldorfer Architekten Fritz Eller. Es folgte 1997-99 der Umbau der benachbarten Zollhalle nach Plänen von Walter von Lom. Das Krafthaus wurde bis 1998 für eine Büronutzung umgebaut und das städtische Hafenamt wurde mit einem großen, aber geschickt zugeordneten Anbau (Arch.: Gatermann & Schossig) die neue Verwaltungszentrale der Häfen- und Güterverkehr Köln. Das Danziger Lagerhaus wird für Wohnungen umgebaut (Arch. Kister, Scheithauer & Groß).

Zu einem Streitpunkt geriet das 1998 noch einmal in einem workshop überarbeitete Wettbewerbsergebnis für die anstelle der Lagerbauten vorgesehenen Neubauten. Hadi Therani hatte mit seinen Mitarbeitern eine Kette von drei Hochhäusern vorgeschlagen. Es waren Gebäudebrücken nach Art der von El Lissitzky und Mart Stam 1924 entworfenen Gebäudebügel. Diese vom Entwurfsverfasser als Kranhäuser bezeichneten Bauten wurden 2000 durch Ratsbeschluss verabschiedet. Die öffentliche Kritik richtete sich besonders gegen eine befürchtete Beeinträchtigung des Stadtpanoramas. Die Denkmalpflege hatte dagegen keine Bedenken geltend gemacht.

Denkmalpflegerisch sehr problematisch ist die zum neuen Nutzungskonzept zugehörige Erschließung der Hafen-Halbinsel durch eine Tiefgarage. Diese inzwischen fertig gestellte Tiefgarage entstand in der Mittelachse der Halbinsel und ragt aus Gründen des Hochwasserschutzes 1,4 Meter über das bisherige Geländeniveau hinaus. Zur Erschließung wurde der direkt vor dem städtischen Hafenamt liegende Teil des Hafenbeckens verwendet. Der Beckenkopf wird dazu mit einer Sitz-Treppenanlage umgestaltet.

Wann die Kranhäuser gebaut werden ist angesichts der Büroflächenleerstände in Köln ungewiss. Gebaut wurde am Südende des Hafens das Kap am Südkai (Arch.: KPS Zimmermann & Engel). Es erhebt sich an der Stelle eines vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege als denkmalwert erkannten aber angesichts der bereits entschiedenen Entwicklungsrichtung nicht mehr in die Denkmalliste eingetragenen Silogebäudes. Anders als in Düsseldorf wird die Bebauung des Rheinauhafens formal straffer und einheitlicher ausgeführt werden. Leider wurde die Architektur der Neubauten vorwiegend im Hinblick auf das Stadtpanorama, selten jedoch in Bezug auf die denkmalwerten Hafenbauten diskutiert. Der Rheinauhafen wird nach Abschluss der Baumaßnahmen nur noch schwerlich als eine ehemals in jeder Hinsicht anspruchsvolle Gesamtanlage der Rheinschifffahrt verständlich werden.

Der im wesentlichen in zwei Bauabschnitten 1840-44 und 1889-93 entstandene Duisburger Innenhafen hatte sich im 19. und frühen 20. Jahrhundert zu einem beeindruckenden Standort von Großmühlen entwickelt. Die Bebauung an dem etwa 1000 Meter langen Bassin war zwar überwiegend in dem gleichen Baumaterial Backstein, sonst aber sehr heterogen nach den Vorstellungen der jeweiligen Bauherrn ausgeführt worden. Nachdem die Mühlenindustrie in den 1950er Jahren noch einmal expandierte, gab es in den 1960er Jahren ein von der Bundesregierung gefördertes Stilllegungsprogramm. Anfang der 1970er Jahre stellte die letzte Großmühle im Duisburger Innenhafen den Betrieb ein. Die Voraussetzungen für eine Neuorientierung des Hafengeländes waren damit gegeben, die ersten Umwidmungsmaßnahmen gab es aber erst Ende der 1980er Jahre.

Mit einem Ideenwettbewerb entstanden 1985 Pläne für die Arrondierung von innerstädtischer Wohnbebauung, die nun bis an den Innenhafen herangeführt werden sollte. Ein Teil der Duisburger Stadtmauer wurde rekonstruiert und das Gelände zwischen Mauer und Hafenbecken als Grün- und Freifläche umgewandelt. 1987 gab es einen Ratsbeschluss zur Einrichtung des Kultur- und Stadtmuseums in dem nicht denkmalwerten Mühlengebäude der Märkischen Mühlenindustrie. Die Eröffnung des Museums mit großem Anbau (Arch.: Architekturfabrik Aachen) erfolgte 1991.

Inzwischen war der Innenhafen als Projektidee der 1989 begonnenen IBA-Emscherpark aufgenommen worden. Es sollte ein multifunktionaler Dienstleistungspark mit Freizeit-, Kultur- und Wohnnutzungen unter Einbeziehung der historischen Mühlen- und Speicherbauten entstehen. 1991 wurde ein Gutachterverfahren für interdisziplinär besetzte Teams ausgeschrieben. Aus den sechs Teilnehmern wurde der Entwurf von Norman Forster mit dem 1. Preis prämiert.

Parallel wurde das denkmalpflegerische Erhaltungskonzept entwickelt. Als denkmalwert wurden das Hafenbecken mit Schwanentorbrücke und eine Reihe von Mühlen- und Speichergebäuden eingestuft. Weder Entwicklungsgeschichte noch Erscheinungsbild gaben es her, den Innenhafen als ein Denkmal zu betrachten. Um dennoch die Zusammengehörigkeit der Bauten auch in denkmalpflegerischer Hinsicht zu würdigen wurde ein Denkmalbereich vorgeschlagen. Während die denkmalwerten Bauten im Innenhafen schrittweise in die Denkmalliste eingetragen wurden, wurde der Denkmalbereich nicht realisiert.

Der zur Ausführung vorgesehene Masterplan von Norman Forster berücksichtigte die historischen Mühlen- und Speichergebäude. Ein Umbau der Küppersmühle für Kreativnutzungen galt sogar als Motor für die Entwicklung des Innenhafenbereichs. Forster konzentrierte die Neubauten auf die Nordseite des Hafenbeckens mit einem bisher nicht verwirklichten, dominanten Hotel- und Bürobau auf sichelförmigem Grundriß direkt am Holzhafen. Gegenüber zur Stadtseite vorgesehen und verwirklicht wurde ein „Park der Erinnerungen“ nach Entwurf von Dani Karavan mit ruinenhaft erhaltenen Gebäuderesten ehemaliger Hafenbauten. In den Park wurde das jüdische Gemeindezentrum integriert (Arch. Zvi Hecker). Auf dem östlich anschließenden Gelände entstand ein Wohnviertel mit viergeschossigen Wohnriegeln entlang zweier Grachten (Arch.: Auer+Weber, Steidle, Forster, Ingenhoven/Overdiek).

Die Reihe der Mühlen- und Speicherbauten am Philosophenweg ist inzwischen vollständig umgebaut für eine Büro-, Freizeit- und Museumsnutzung, teilweise unter beträchtlicher Aufgabe von historischer Substanz. Der Umbau des 1938/39 errichteten Silobaus der Allgemeine Speditionsgesellschaft zu Büros (Arch.: Bahl) führte zu einem weitgehenden Verlust des weitgehend neu errichteten Bauwerks. Auch die Veränderungen bei der zu einem Kunstmuseum umgebauten Küppersmühle (Arch. Herzog & de Meuron) waren gravierend. Für die Werhahn-Mühle wurde eine Mischnutzung aus Kindermuseum, Büros und Gastronomie verwirklicht.

Auf der anderen Seite des Hafenbeckens wurde direkt an der Schwanentorbrücke das Speicher- und Silogebäude Lehnkering zu einer Büronutzung (Kontorhaus) umgebaut mit einem tief in die Substanz eingreifenden neuen Innenhof zur Belichtung der tiefen Grundrisse (Arch. Braun/Voigt). 

Großinvestitionen für industrielle Flächendenkmale als weiche Standortfaktoren für den Strukturwandel
Industriestädte und Industriereviere sind traditionell durch ein hohes Maß an harter Infrastruktur ausgezeichnet: Verkehrseinrichtungen aller Art, Stadttechnik, Kommunikationsanlagen. Was fehlt sind Einrichtungen, die besonders im Hinblick auf den Strukturwandel von besonderer Bedeutung sein können und einen Beitrag zur Ansiedlungsbereitschaft von Unternehmen und hochqualifizierten Arbeitskräften bieten: Frei- und Grünflächen, Kultur, Bildung. Der Förderung und Weiterentwicklung dieser weichen Infrastruktur hat sich besonders die IBA-Emscherpark gewidmet. Auch der Duisburger Innenhafen hat von dieser Philosophie profitiert. Ganz eindeutig unter diesem Aspekt wurde das Hochofenwerk in Duisburg-Meiderich erhalten und gefördert.

Nach einer Planung von 1898 durch August Thyssen’s Gewerkschaft Vereinigte Gladbeck entstand das Hüttenwerk in Meiderich 1901 bis 1912 mit fünf Hochöfen. Die vergleichsweise kleine Hochofenanlage produzierte Spezialeisensorten. Neben der Gründungszeit wurden für Technik und Architektur der Anlage die Jahrzehnte nach 1945 besonders wichtig, als die Hochöfen 1, 2 und 5 1956, 1963 und 1973 erneuert wurden. Ohne die nicht wieder errichteten Hochöfen 3 und 4 wurde das Werk 1985 weitgehend stillgelegt.

Schon bald danach gab es Überlegungen für eine Erhaltung der Anlage als Denkmal. Es wurde beeindruckend schnell gehandelt: 1989 wurde das Hüttenwerk IBA-Projekt, die Anlage für den symbolischen Preis von 1,00 DM plus 1,80 DM Gebühren an den Grundstücksfond NW verkauft und ein Gutachterverfahren ausgeschrieben. Als Gutachter gefragt waren Teams für eine integrative Lösung der landschaftspflegerischen, städtebaulichen, ökologischen (Altlasten) und denkmalpflegerischen Probleme. Aus 60 Bewerbungen wurden 5 interdisziplinäre Teams ausgewählt. Als Sieger ging das Team Latz Freising/Kassel aus dem Verfahren hervor. Der Entwurf zeichnete sich durch minimale Eingriffe, behutsame Ergänzungen und den Verzicht auf flächendeckende Lösungsvorschläge aus.

Voraussetzung für die Aufnahme und Einstufung als IBA-Projekt und das daraufhin eingeleitete Gutachterverfahren war die Grundidee, auf den weitläufigen Thyssen-Arealen im Duisburger Norden einen Landschaftspark zu entwickeln. Das Gelände des neuen Landschaftsparks umfasste auch die Fläche des Bergwerks und der Kokerei Friedrich Thyssen 4/8, die zum Hüttenwerk gehörende Gießerei und Walzengießerei sowie angrenzende Frei- und Brachflächen. In dem Planungsgebiet von insgesamt 200 ha Größe war die eigentliche Hochofenanlage nur ein Teilbereich und die wohl ausschlaggebende Erhaltungsidee war die Vorstellung, die Hochofenanlage als eine Art „Ruine im Park“ zu erhalten. Die gedankliche und sprachliche Anleihe an die künstliche Ruinenarchitektur in historischen Parkanlagen war gewollt. Es musste allerdings exakt definiert werden, wie diese Ruine erhalten werden sollte. Längst war auch die Möglichkeit eines Totalabbruchs nicht ausgeschlossen.

Um diese Fragen zu klären wurde eine Expertenkommission gegründet mit den Aufgaben, Umfang und Standard der Erhaltung und darauf gegründet auch die Kosten zu ermitteln. Die Erhaltungskosten sollten mit den Abbruch- und Entsorgungskosten verglichen werden. Zum Erhaltungsstandard wurde auch das Konzept des „kontrollierten Verfalls“ erörtert aber sehr rasch auch wieder verworfen. Der einkalkulierte Verfall widerspricht dem konservatorischen Auftrag der Denkmalpflege und wenn die „Ruinen“ im Rahmen des Landschaftspark-Projektes für die Besichtigung benutzbar sein sollen, müssen sie ein Mindestmaß an Instandhaltung erfahren. Als dem Objekt ebenfalls unangemessen und vor allem auch unbezahlbar wurden normengerechte Sanierungsverfahren eingestuft, wie sie etwa bei der Erhaltung von Stahlbauwerken für die Eisenbahn, im Brückenbau oder durch die DIN festgelegt sind. Es wurde ein Mittelweg definiert und die dazu gehörigen Kosten ermittelt.

Auch für Abbruch und Entsorgung wurden verschiedene Varianten durchgerechnet. Im Vergleich erwies sich die Erhaltung als der günstigere Weg und die Kommission sprach eine dahingehende Empfehlung aus.

Zum Umfang der Erhaltung war separat eine ausführliche denkmalpflegerische Bewertung und Dokumentation in Auftrag gegeben worden. Als Ergebnis wurde die Hochofenanlage mit allen dazugehörigen Funktionsteilen als ein Denkmal eingestuft. Das Ergebnis wurde schon in den 1992 veröffentlichten Bericht der Expertenkommission einbezogen. Die Eintragung in die Denkmalliste jedoch erfolgte erst 1999.

Die Idee einer „Ruine im Park“ bezog sich nur auf einen Teilbereich der Anlage insbesondere auf die Hochöfen und die Bunker. Die geschätzten Instandhaltungskosten allerdings ließen sich nicht einhalten. Das Instandsetzungsteam unter Leitung eines erfahrenen Bauleiters aus der Eisenhüttenbranche konnte die schwierigen mit Instandsetzungsmaßnahmen mit aufwändigen Arbeitsgerüsten und Maschinen nicht selbst durchführen. Sondermittel waren notwendig und wurden beschafft. Für die Gebäude und einige Anlageteile fanden sich teils Aufsehen erregende Nutzungen. Den mit Wasser gefüllten Gasbehälter nutzt ein Tauchverein und die Betonwände der Bunker werden von einem Kletterverein genutzt. Im Verwaltungsgebäude sind Büros untergebracht. Es gibt Werkstätten für Ausbildungszwecke. In der Kraftzentrale und der Gasgebläsemaschinenhalle mit Pumpenhaus finden Veranstaltungen statt.

Die Hauptnutzung des Flächendenkmals ist aber – wie ursprünglich geplant – die aus der vorgefundenen und durch Zupflanzungen verstärkte Begrünung resultierende Freizeit- und Naherholungsfunktion. Die hohe Attraktivität des Parkgeländes dauert bis in die Nachtstunden wegen der effektvollen Illumination an. Der Landschaftspark Nord war insofern eine erfolgreiche Entwicklungsmaßnahme. Sie dient der Stadt Duisburg als Infrastrukturmaßnahme und nützt der Denkmalpflege, weil die Akzeptanz des Denkmals sehr hoch ist.

Es gibt aber auch Probleme aus der Nutzungsidee. Ein Problem war und ist der Vandalismus für alle Anlagenteile, die nicht genutzt und daher auch nur beschränkt beaufsichtigt werden.

Zudem gibt es eine inzwischen auch bei anderen industriellen Flächendenkmälern zu beobachtende Gefährdung der denkmalwerten Bauten durch den Bewuchs. Zwar orientierte sich die Grünflächengestaltung für das Hüttenwerk Meiderich eng am Bestand, doch entwickeln leider einige Bäume in direkter Nachbarschaft der Hochöfen inzwischen so große Kronen, dass der Fernblick auf die Öfen beeinträchtigt wird. Zwischen Denkmalpflege und Landschaftsgestaltung ergibt sich eine unfruchtbare Konkurrenzsituation. Dabei argumentiert der Landschaftsplaner auch aus der Sicht des Denkmals: der vor den Planungen und Gestaltungsmaßnahmen vorgefundene Bewuchs sei auch eine bewahrenswerte historische Schicht, die im Sinne des Riegl’schen Alterswerts auf die Geschichtlichkeit der Anlage hinweise. Dieser Aspekt ist sicher beachtenswert, darf allerdings nicht zu einer Beeinträchtigung für Anschaulichkeit und Substanz des Denkmals führen. Schon gar nicht lassen sich damit umfangreiche Neupflanzungen begründen. Diese sind auch aus Sicht der Denkmalpflege akzeptabel als Teil eines Neunutzungskonzeptes, müssen aber sorgfältig in ihrer Wirkung auf das Denkmal bedacht werden. Der Konflikt zwischen Denkmalpflege und Landschaftsplanern spielt sich inzwischen auf vielen industriellen Denkmälern ab und ist auch ein Teil der jüngeren Geschichte Zollvereins.

Die Zeche Zollverein in Essen könnte nicht nur das Flaggschiff der Industriedenkmalpflege im Rheinland werden, sondern auch ein weltweit anerkanntes und hoch geschätztes Beispiel für den Strukturwandel im Ruhrgebiet. Zollverein kann aber auch für viele Beteiligten – auch für die Denkmalpflege – zu einer entsetzlichen Blamage werden, wenn es nicht gelingt zwischen Vergangenheit und Zukunft eine vernünftige Balance zu finden. Diese Gratwanderung zwischen Erfolg und Misserfolg gab es schon in einem sehr frühen Stadium der Erhaltungsbemühungen.

Schon die Eintragung des Denkmals Zollverein ist eine lange und interessante Geschichte mit einem frühzeitigen Erfolg: im Dezember 1986 wurde noch vor dem Stilllegungstermin Zollverein 12 als ein Denkmal einschließlich der maschinellen und technischen Ausstattung in die Denkmalliste eingetragen. Damals gab es bereits ein Erhaltungskonzept für alle noch vorhandenen Zechenstandorte in Essen. Darin enthalten waren auch die anderen Zollverein Schachtanlagen. Eine Eintragung in die Denkmalliste gelang jedoch anfangs nicht. Mit Stilllegung der Kokerei Zollverein wurde im Rheinischen Amt für Denkmalpflege 1993 an einem neuen Gutachten für die Zeche Zollverein als Gesamtanlage erarbeitet. Das Ergebnis des etwa 70 Seiten starken Gutachtens war, die Betrachtung aller Schachtanlagen von Zollverein und der Kokerei als ein Denkmal. Auch diese Position ließ sich gegen den Widerstand der Stadt Essen nicht durchsetzen. Erst als die Anerkennung von Zollverein als Weltkulturerbestätte hätte scheitern können, wurde die Eintragung in der vom Denkmalamt beantragten Ausdehnung im Jahr 2000 durchgeführt. Das Denkmal Zollverein besteht also aus einem großen, räumlich zusammenhängenden Bereich aus Zollverein 12, Zollverein 1/2/8 und Kokerei Zollverein und zusätzlich aus den davon separat in Entfernungen zwischen 1000 und 1500 Meter liegenden Schachtanlagen Zollverein 4/5/11 und 3/7/10.

Die Erhaltung von Zollverein gegen den Willen der Stadt Essen und der Ruhrkohle AG wäre ohne den Einsatz von Landesmitteln nicht gelungen. Die stillgelegte Zeche wurde vom Grundstücksfond NRW für 180.000 DM erworben und künftig durch die Landesentwicklungsgesellschaft betreut. Als die Kokerei 1993 den Betrieb aufgab, übernahm die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur den koksproduzierenden, so genannten „schwarzen“ Teil der Anlage. Über das Eigentum der „weißen“ Seite zur Verarbeitung des Kokereigases ist noch keine Entscheidung gefallen. Nachdem Zollverein Weltkulturerbe wurde ist auch deren Erhaltung unstrittig. Über die Eigentumsfrage wird jedoch vermutlich erst nach Sicherung der Altlasten und Entlassung aus der Bergaufsicht entschieden.

Im Jahr nach der Stilllegung leistete ein vom Land NRW einberufener Arbeitskreis Grundlagenarbeit für ein Erhaltungskonzept. Zollverein sollte als „Forum Ruhrkultur“ ein Kulturstandort werden. Die Umsiedlung des Designzentrums NRW auf das Zechenareal hatte sich damals bereits angedeutet. Die kulturelle Ausrichtung sollte nicht nur helfen, an einer Aufhebung der Unterpriviligierung der Emscherzone mitzuwirken, sondern sollte auch eine Initialzündung zum Strukturwandel bringen. Ausgenommen von der Umnutzung sollten die produktionstechnischen Anlagen mit der reichhaltigen technischen Ausstattung. Zur Sicherung der Bausubstanz und das Erhaltungsmanagment wurde eine Bauhütte vorgeschlagen und die Einbeziehung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.

Bauhütte und eine Beschäftigungsgesellschaft für Langzeitarbeitlose boten über viele Jahre hinweg eine Grundlage für das Überleben des Denkmals mit den nachfolgenden Umnutzungen in den Jahren 1992 bis 1995. Das Schalthaus wurde als Bürohaus mit Veranstaltungsraum und Ausstellungsbereich für die Bauhütte ausgebaut und im Werkstattgebäude 3 entstanden Büros und Ausbildungsräume für die Beschäftigungsgesellschaft. Die Mechanische Werkstatt wurde als Ausstellungs- und Veranstaltungshalle hergerichtet. Hier fand 1992 mit Skulpturen von Ulrich Rückriem erstmals ein zur damaligen documenta IX gehörender Ausstellungsteil außerhalb von Kassel statt. Die Elektrowerkstatt wurde für eine kommerzielle Bildergalerie umgebaut. Mit der ersten Großbaustelle entstand in der Lesebandhalle eine Probebühne für die Essener Oper und ein Bürgerbegegnungszentrum mit lokaler Kulturwerkstatt für die angrenzenden Stadtteile. 1997 wurde im Kesselhaus das Designzentrum NRW (Arch.: Norman Forster mit dem Essener Büro Heinrich Böll/Hans Krabel) eröffnet.

Auch die anderen Schachtanlagen bekamen neue Nutzungen in die Gebäude. Die Kaue von Schacht 1/2/8 wurde zurückhaltend-anspruchsvoll für ein Choreographisches Zentrum umgebaut (Arch. Christoph Mäckler). Der daneben von Thomas Rother etablierte „Kunstschacht“ in der Maschinenhalle folgte mit Einsatz von nur wenig Mitteln und daher sehr denkmalverträglich noch dem Muster der Spontannutzungen. Die Schachtanlage 4/5/11 wurde sehr erfolgreich für gewerbliche Nutzer unter dem Namen Tripple Z entwickelt und gleicht den bereits dargestellten mittelgroßen Industrieanlagen. Für Zollverein 3/7/10 mussten leider mehrere zur Erhaltung vorgesehene historische Bauten wegen erheblicher Baumängel aufgegeben werden. Dazu gehörte die Schachthalle und die Kaue. Im Fördermaschinenhaus entstand eine Kindertagesstätte und in den benachbarten Hallen Einrichtungen zur Jugendpflege. Die anschließenden Flächen wurden neu erschlossen für einen kleinen Gewerbepark.

Ein äußerst wichtiger Schritt zur Präsentation und Vermittlung des Denkmals kam es 1998 zur Gründung der Stiftung Zollverein. An der Stiftung sind Land, Stadt und Landschaftsverband Rheinland beteiligt. Als „Museum Zollverein“ betreut die Stiftung den vom Wagenumlauf zur Wäsche sich erstreckenden Denkmalpfad. Sie ist für alle Führungen und für das laufende Veranstaltungsprogramm in den Gebäuden und auf dem Gelände der Zeche verantwortlich und sie betreibt zusammen mit Regionalverband Ruhrgebiet das Besucherzentrum für die „Route der Industriekultur“. Stiftung und Besucherzentrum wurden nach Auflösung der Bauhütte im Schalthaus eingerichtet.

Die Arbeit der Stiftung Zollverein, und Großveranstaltungen wie die Ausstellung „Sonne, Mond und Sterne“ in der Mischanlage der Kokerei verankerten Zollverein als den überragenden Ort der Industriekultur nicht nur im Ruhrgebiet, sonder weit darüber hinaus zumindest für das ganze Bundesland Nordrhein-Westfalen.

Eine gänzliche Neuorientierung brachte hinsichtlich Organisation und Planung die Eintragung Zollvereins in die Welterbeliste. Es wurde nicht nur die vollständige Eintragung in die Denkmalliste vollzogen. Auf Anforderung der Unesco entstand nach Entwurf von Rem Kolhaas der Masterplan für den zentralen Bereich des Denkmals, es wurde im Mai 2001 eine Entwicklungsgesellschaft Zollverein zur Umsetzung des Plans gegründet und es wurden Mittel in Höhe von etwa 100 Mio € durch Europäische Union, Land und Stadt und weitere private Geldgeber zur Verfügung gestellt. Masterplan und Entwicklungsgesellschaft wollen einen integrierten Design- und Kunststandort mit einem Mix aus Design, Kultur, Bildung und Tourismus verwirklichen. Am Westrand des Zechenareals entsteht dazu nach Entwurf des Architekturbüros Saana/Tokyo ein designorientiertes Bildungszentrum (design-scool Zollverein). Die Kohlenwäsche wird umgebaut für eine 2006 geplante Weltausstellung des Designs. Anschließend soll hier das neue Ruhrmuseum entstehen. Ebenfalls in der Wäsche wird das neue Besucherzentrum für die „Route der Industriekultur“ entstehen. Und ein wesentlicher Teil der Anlage wird weiterhin Teil des von der Stiftung Zollverein betreuten Denkmalpfades sein.

Denkmalschutz, Planung und Umnutzung des Flächendenkmals Zollverein passt zu keiner der bisher hier dargestellten Fälle. Dazu ist die Anlage zu groß und heterogen und die Lösungsansätze zu vielfältig um sie einheitlich klassifizieren zu können. Deutlich ist auch der Unterschied zu anderen, industriegeschichtlichen Welterbestätten wie die Völklinger Hütte und das Bergwerk Rammelsberg im Harz. Eine rein museale Nutzung von Zollverein, wie weitgehend für den Rammelsberg verwirklicht stand für Zollverein nie ernsthaft zur Diskussion. Die Rahmenbedingungen sind für eine Konzeptübertragung zu unterschiedlich. Zollverein ist Teil einer Großstadt und einer Region, die den Strukturwandel bewältigen muss, wenn sie nicht untergehen will. Die Denkmalpflege ist in diesen Kontext eingebunden und hat den allerdings nur teilweise erfolgreichen Versuch gemacht, die Objekte vor zu starken Veränderungen und Substanzverlust zu schützen. Gerade die Nutzungsvorstellungen zur Kohlenwäsche haben dort zu einer gravierenden Reduktion des Denkmals geführt. Dies jedoch war auf der Grundlage richtungsweisender Vorabentscheidungen nicht zu verhindern.

Industrielle Kulturlandschaften
In Größenordnung und durch Einbeziehung räumlich abseits vom Kern liegender Schachtstandort zu einem Einzeldenkmal stellt die Zeche Zollverein vermutlich ein Einzelfall ohne Vorbild und bislang auch ohne Nachfolge dar. Denkanstöße aus der Geographie, die von der UNESCO gewollten räumlich weit ausgreifenden Welterbestätten, die Überlegungen im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscherpark führten zu noch weitergehenden, über den Einzelstandort hinausgehenden Vorstellungen der Erhaltungsbemühungen. Die enge Verflechtung der montanindustriellen Standorte, die deutliche Zusammengehörigkeit von industriellen Standorten, Siedlungen und Infrastruktureinrichtungen aller Art ließen es gerade im Ruhrgebiet angemessen erscheinen in noch größeren Dimensionen zu denken. Schon 1987 hat es daher aus den Reihen der Denkmalpflege den Vorschlag gegeben, das Ruhrgebiet als eine Art industriegeschichtlichen Nationalpark zu betrachten. Vorbild für diesen Vorschlag war die in den USA in der Nähe von Bosten gelegene Textilstadt Lowell, die insgesamt als ein historisch definierter Nationalpark ausgewiesen ist. Die Diskussionen in Rahmen der 1989 gegründeten IBA-Emscherpark führten dann zu einem differenzierten Nationalparkmodell. Es sollte nicht mehr das Ruhrgebiet als ganzes umfassen, sondern wie ein Leopardenfell eine Kombination aus exakt definierten und räumlich abgegrenzten Bereichen sein. Leider ist diese Idee nicht weiter bearbeitet worden. Aber man darf zu diesen Bereichen sicher die Ruhr, den Duisburger Hafen, das Thyssen-Empire im Norden von Duisburg, den Komplex Gutehoffnungshütte in Oberhausen sowie die Krupp- und Zollverein-Landschaften in Essen rechnen.

Nach Vorschlag der Geographen hat sich für diese aus der Kulturgeschichte zu verstehenden Raumgebilde der Begriff der Kulturlandschaft eingebürgert und für die industriegeschichtlich geprägten Landschaften wird man dann – wie das die UNESCO für Zollverein auch bereits tut – von der industriellen Kulturlandschaft sprechen können. Wie sich diese Tendenz zur großräumlichen Betrachtungsweise entwickeln wird ist ungewiss. Ob es dazu in der Zukunft möglicherweise auch eine gesetzlich verankerte Schutzkategorie geben wird ist nicht absehbar. Sinnvoll anwenden lassen sich die darauf bezognen Erkenntnisse jedoch bei großflächigen Planungen, wie beispielsweise bei der Aufstellung der Gebiets- und Landesentwicklungspläne. Auch die Entwicklung von Tourismus- oder Kulturkonzepten lässt sich darauf gründen. Die Route der Industriekultur im Ruhrgebiet gehört dazu, wie auch vergleichbare kleinere Einrichtungen gleicher Art: das Netzwerk Industriekultur Bergisches Land, die Route der Arbeit im oberbergischen Kreis, die Textilrouten in der Eifel und am Niederrhein. Ein anspruchsvolles Projekt für das Braunkohlerevier ist unter dem Namen EnergieErlebnis Rheinland im Aufbau. Ziel dieser Projekte kann eine bessere Vernetzung der Einzeldenkmäler und eine optimierte Einbindung dieser Objekte in das topographische Umfeld sein. Als Gewinnperspektive ergibt sich für die Denkmalpflege eine optimiertes Verständnis für die Denkmale und für die Regionen ein Zugewinn an touristischer Attraktivität.                 

Fazit
Die vorgestellten Beispiele zeigen die Variationsbreite industriegeschichtlicher Flächendenkmale. Es können Denkmalbereiche sein, wie die Hafenanlagen. Überwiegend sind es aber bauliche Gesamtanlagen, die als ein Denkmal mehrere Gebäude umfassen.

In der Inventarisationsarbeit  wird schon seit geraumer Zeit der entstehungsgesichtliche und räumliche Kontext des Einzelobjektes und seine Einbindung in die Gesamtheit einer Fabrik-, Verkehrs- oder Zechenanlage untersucht. Auch Objekte, die von ihrem Eigenwert schwächer sind, erhalten durch die Beurteilung der Gesamtsituation eine höhere Bedeutung und können als Teil einer Gesamtheit Bestandteil eines Flächendenkmals sein. Es liegt auf der Hand, dass damit an die Inventarisationsarbeit qualitativ und quantitativ gesteigerte Anforderungen gestellt werden.

Auch die Erhaltungsmöglichkeiten sind vielfältig. Planungen sollten über den Einzelbau auch die Zusammenhänge berücksichtigen.

Darüber hinaus aber können auch Einzelbauten und Kleinobjekte als Ergänzung zu den Großanlagen weiterhin eine wertvolle Dokumentationsaufgabe übernehmen. Die Möglichkeit zur Ausweisung von Flächendenkmälern soll nicht bedeuten, dass in jedem Fall nur solche Gesamtanlagen erhalten werden. Auch das Fragment kann eine wichtige historische Bedeutung haben. 

Erfolgreiche Industriedenkmalpflege wird auch in Zukunft diese Kombination aus wertvollem Solitärbau, Gesamtanlage bis zur Dimension industrieller Großanlagen und das Denken und Handeln in den Kategorien industrieller Kulturlandschaften umfassen müssen.

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